Lukes Meinung zu „Telaya & Dioman 01 – Diesseits der Nacht“

Diesseits der Nacht-Cover„Eines Tages öffnet Cin‘Thele die Augen und findet sich in einer anderen Welt wieder. Einer Welt, die ihr fremd ist. Sie erinnert sich an nichts als ihren Namen und sie hat nicht die geringste Ahnung, was sie hierhin verschlagen hat… geschweige denn warum.

Hinter ihr liegt Vergessen.

Vor ihr… der Weg ins Unbekannte.

Ein Zurück gibt es nicht.“

 

 

 

Comics aus deutschen Landen erwecken so gut wie nie mein Interesse. Das ist insoweit ein Fakt, fröne ich seit 1977 der Lektüre nordamerikanischer Comicliteratur in ihrer Erschaffungssprache. Doch nicht nur die Linguistik lässt mich diese Art der bebilderten Geschichten favorisieren, auch die Art der Geschichten sagt mir mehr zu als die franco-belgischen, oder deutschen, Produktionen.

Als ich jedoch auf der (relativ) kostenlosen Werbeplattform Facebook auf die Seite von „Diesseits der Nacht“ stieß, erweckte der Comic mein Interesse.

Na dann mal los…

Der Comic begrüßt einen im sehr handhabungsfreundlichen 21,5 x 15,1 cm-Format – einer Art überdimensionalem Taschenbuch. Die Hardcover-Bindung ist ein zusätzlicher Pluspunkt, wenn man an die Langlebigkeit und Regalfreudlichkeit mit einberechnen möchte. Farbig ist nur das Cover und die ersten Innenseiten, der Rest ist schwarz auf weiß, welches dem Comic an sich sehr zuträglich ist. Auch wenn die ersten Innenseiten wunderschön koloriert wurden, so würden die Farben sich in der Geschichte an sich schnell verlieren.

Die Handlung ist recht schnell abgehandelt und durchschaut, denn es handelt sich um Fantasy und dementsprechend erscheint die Quest in und durch unbekanntes Umfeld die logischste Lösung einer ansprechenden Storyführung zu sein.

Eine Heldin in einer Welt die sie nicht kennt, auf dem Weg zu einem Ziel das sie nicht wirklich realisieren kann, mit Wegbegeleitern die sie nicht wirklich einordnen kann… nicht so ungewöhnlich, doch das muss es auch nicht sein um unterhalten zu können.

Der Zeichenstil ist eingängig, wenn auch recht kratzig zeitweise. Helmut Schulz, so der Name des Zeichners und Texters, bedient sich diverser Stile, in denen auch der mangamäßige Einsatz von Rasterfolie nicht fehlt. Einzelbildseiten mit viel Spielraum an Leerfläche wechseln sich mit detailverliebten Doppelseiten ab und lassen so das Auge nicht in Langeweile verfallen. Auch bedient sich Herr Schulz einer anatomischen Korrektheit, die zwar nicht zu realistisch, wenn jedoch glaubwürdiger ist als vieles, das man sonst präsentiert bekommt. Wer sich davon überzeugen möchte, kann dies bei MyComics tun.

Besonders die Darstellung der Hauptprotagonistin hatte es mir angetan. „Cin´Thele“ ist keine von den überzogenen Feuchttraumpüppchenfiguren, sondern mit einer Optik versehen, welche man als sexy aber auch normal proportioniert bezeichnen kann. Immerhin sollte man nicht außer Acht lassen, das sich Fettleibigkeit oder Schönheits-OP´s bei phantastischen Naturvölkern kaum installieren lassen, im täglichen Kampf um Brot und Überleben.

Optisch positiv, schlichen sich mir beim lesen dennoch diverse Stolpersteine in die Geschichte. Die Sprache, in welcher die Geschichte präsentiert wird, ist der große Knackpunkt der Produktion. Nicht nur das sie zu oft stylistisch wechselt – von relativ tolkienscher Prägung hin zu „Juckten ihre Schwänze, fickten sie sie“ – auch findet der Text niemals wirklich einen greifbaren Fluss innerhalb der Geschichte. Dies hat zur Folge das sich die nichtbetexteten Seiten als flüssigstes Bild des Ganzen präsentieren. Auch fiel mir die zu große Adjektivfreudigkeit auf. Eine „würgende Stille“ ist einfach nur sinnentleert – zumindest in meinem Sprachgebrauch – denn still ist still, und vermag nicht zu würgen. Nur ein Beispiel von diversen Dissonanzen, welche sich zwischen der Semantik und der zeichnenden Hand vernehmen lassen. Und wenn wir gerade – also weiter oben – schon beim tolkienschen waren, so machen sich auch die Namensgebungen und Arten der Völker in dieser Richtung aus. Nichts verwerfliches, denn wer will noch wirklich jungfräuliches erfinden, in dieser Richtung der Literatur?

Was hinterlässt dieser Ausflug in die deutsche Comiclandschaft nun bei mir? Hat der Epsilon Verlag aus Nordhastedt hier etwas in sein Programm aufgenommen, das in der Lage ist deutsche Comicgeschichte zu schreiben? Nein, das hat er nicht.

Auch wenn die Geschichte um „Cin´Thele“ ein kleiner Rohdiamant im Wust der Comicwelt ist, so fehlt jedoch noch eine Menge Feinschliff um sich komplett aus dem Einheitsbrei zu erheben. Die Zeichnungen von Helmut Schulz erschaffen die neue Welt perfekt, doch seine Textungen verstehen es leider zu gut alles wieder zu relativieren. Sollte sich ein texterisch begabteres Wesen in die Nähe von Herrn Schulz verirren und sich an weiteren Abenteuern in dieser Welt beteiligen, so wäre dies zu begrüßen.

Globalisierung, here we go! Die Webseite des Comics, nämlich www.telayaanddioman.net, erstrahlt nicht nur in bildlicher Schönheit, nein, sie ist ebenfalls zum Großteil in englischer Sprache verfasst, welches auf den Umstand schließen lässt das der Macher auch auf die ausländischen Märkte schielt. Kein Wunder, werden Comics in deutschen Lande nach wie vor als Produkte für Kinder und Freaks betrachtet. Die Missionierung in dieser Richtung hat in all den vergangenen Jahrzehnten bisher keinerlei bemerkenswerte Früchte getragen.

Als Empfehlung möchte ich „Diesseits der Nacht“ jedem ans Herz legen, der bereit ist literarische Abstriche zu machen und sich dennoch auf neue Welten einzulassen. Einfach die Bilder wirken lassen, der Rest kommt von allein… und nicht vergessen auf Facebook zu liken! 😉

© aller Bilder und Texte: Helmut Schulz & Epsilon Verlag, Nordhastedt

Telaya & Dioman 1. Diesseits der Nacht

Preis pro Einheit (Exemplar): €15.00

Helmut Schulz

124 Seiten, HC, 21,5 x 15,1 cm, sw, Altersempfehlung: ab 16

ISBN 978-3-86693-233-3

EPSiLON Verlag
Mark O. Fischer
Langer Rehm 29
25785 Nordhastedt
Deutschland
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Thomas Rippert
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