Alice im Wunderland (Titania)

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Eines schönen Sommertages läuft an der kleinen Alice ein weißes Kaninchen mit einer Taschenuhr vorbei! Das Mädchen folgt dem Nagetier durch die Hecke und in ein großes Kaninchenloch, von wo aus es rasant abwärts in eine Welt geht, die angefüllt scheint mit den skurrilsten Gestalten: das Wunderland.

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Und wieder einmal kann ich den Weg gehen den mir diesen Besprechungen ermöglichen: Obwohl mir das Hörspiel nicht gefallen hat, werden unten, am Ende der Litanei, vier Sterne auf dem danschen Meinungsfirmament erstrahlen, da die Produktion an sich diese verdient.

Die Geschichte von Alice besteht aus einer Aneinanderreihung von, mehr oder weniger, hektischen Besuchen in diversen Gebäuden und bei diversen Wesen. Dabei ist die Phantasie des Zuhörers nicht wirklich gefragt, denn die Spielplätze und Spielkollegen der kleinen Alice sind sehr genau vorgeschrieben und dargestellt. Auch kann sich alles mit einem zuckersüßen Niedlichekeitsfaktor der Stufe 2,4 Milliarden brüsten, denn selbst die Bösewichte sind in ihrer Borniertheit irgendwie noch knuddelig.

Ich kenne das Buch nicht und die bisher gemachten Vertonungen entzogen sich bisher auch meinem Ohr während ich die bisherigen Verfilmungen bisher verweigert habe, doch vermute ich das diese Vertonung so nah an der Originalvorlage ist wie nur eben machbar und vertretbar. Dies ist eine der vielen großen Stärken der Titanier, Marc Gruppe und Stephan Bosenius, und so muss man auch damit leben das sich alle Hörspiele der beiden nur mit dem Maß des Literarischen messen lassen, da keiner der von ihnen verarbeiteten Stoffe auf biegen und brechen kommerziell umgeschrieben wird.

Die Geschichte ist quitschebunt und teilweise mit ohrenbetäubenden Stakatos der Sprecher, welche ihre Rollen mit viel Stimmakrobatik ausleben, inszeniert. Doch diesmal kamen mir sogar ein paar Ausrutscher in der Soundkulisse über den Weg. Ich möchte nur einen nennen um nichts über Gebühr zu strapazieren. In der ersten Szene taucht Alice Katze „Dina“ auf. Diese Katze miaut, wie die Felinen es eben so tun. Doch hört sich Dina an als sei sie im Jahr 1952 aufgenommen worden und habe ihre Aufnahme in einer Röhre der Mannesmann-Werke absolvieren müssen. Nun mag man sich sagen das dies Erbsenzählerei ist, doch bei dem was die Titanier sonst an Soundkulisse bieten, fiel mir dieser nicht wirklich lebendig wirkende Soundfetzen sofort auf – leider eben negativ.

Die Geschichte bleibt was sie ist, ein Märchen für Kinder und die welche es werden wollen. So agieren denn hier auch die Sprecher mit so viel Verdrehungen der Stimmbänder das man nicht jeden sofort erkennt. Norbert Langer, welcher die Rolle der extrem relaxten „Kifferraupe“ für sich verbuchen konnte, war nicht sofort klar erkennbar. Ohrpuristen mag so etwas vielleicht sauer aufstoßen, doch mir gefiel dieser Umstand sehr, denn hier zeigt er einmal das er mehr kann als nur wie ein schnauzbärtiger P.I. Aus Sonnen-Strandcity klingen.

Roland Hemmo ist wohl der akustischste Erzählerpapa den man sich nur denken kann. Mit so viel Spiel in der Stimme, wie man braucht um einzulullen oder reinen Zucker zu transportieren, schafft er es das bunte Treiben immer wieder auf die Gute-Nacht-Geschichtenebene herunter zu holen. Wilfried Herbst, als Karnickel auf Verspätungsspeed, spricht mit so vollen Backen, das man die Kaninchenschnauze förmlich bei jedem Wort vor sich hektisch auf und ab mümmeln sehen kann.

Überraschenderweise sind hier die Titanier auch einmal selbst zu hören. Marc Gruppe (Froschdiener) und Stephan Bosenius (Fischdiener) haben gemeinsam die für mich amüsanteste Szene mit den zickigsten Hausdienern die man sich vorstellen kann. Das Bild, im Booklet, der beiden Lakaien wird der akustischen Umsetzung gerecht und man kann sich die beiden Figuren bildhaft vor Augen rufen, wenn sie sich auf hochgestelzteste Weise die unterhaltendste „Schlacht“ des Hörspiel liefern.

Und da wäre dann noch Alice. Für solch eine Rolle die perfekte Besetzung zu finden ist schwer, doch Luisa Wietzoreck hat so viel Honigsüße und Kieksigkeit im Timbre das man denkt sie sei als Alice auf die Welt gekommen. Jedes „huuuh“ und jede Überraschung werden von ihr so niedlich perfekt produziert, das die optische Umsetzung des Cover nur in einer einzigen Nuance von meiner Vorstellung abwich – dem Blick, welcher auf dem Cover doch etwas zu bösartig/schläfrig geraten ist.

Da wären dann noch im calling Names, dem Zeilenschinden auf Petzenniveau, zu erwähnen: Regina Lemnitz, Monica Bielenstein, Ursula Sieg, Otto Mellies, Marius Clarén, Tanya Kahana, Timmo Niesner, Maximilian Artajo und noch ein paar mehr. Und was machen die hier? Richtig, ihren Job für den sie bezahlt werden: Gut sein und eine Rolle spielen!

So war dieser Ausflug mit Alice in ihr Wunderland denn nicht ganz so opulent wie erhofft, denn ein paar technische Probleme gab es schon und die Story ist nicht die meine. Wer jedoch Märchen mag, skurrile Wesen liebt und eine Umsetzung möchte die sich (selbst mit Faux Pas) immer noch von den meisten anderen Produktionen abhebt, der schlage hier zu.

Auch wenn es mir nicht wirklich gefiel, es ist ein toll zu hörendes Spiel…Soundsystem-BLAU

 

Thomas Rippert
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