Nightlife – Lektionen des Schreckens

NightlifeZwei Studenten wollen sich in einem einsam gelegenen Jagdhaus auf ihr Examen vorbereiten. Kaum sind sie angereist, gehen die Merkwürdigkeiten schon los. Das Telefon klingelt, niemand meldet sich, der CD-Player spielt immer den gleichen Song und auch der obligatorische Stromausfall darf natürlich nicht fehlen.

TrennstrichDer erste Blick ins Booklet brachte mir doch einen kleinen Schreck ein. Horst Kurth, seinerseits Chef des Hobbyhörspiellabels „Hörfabrik“, in der Sprecherliste neben Namen wie Karen Schulz-Vobach oder Martin Sabel. Das wollte qualitativ irgendwie so gar nicht passen.

Doch zuerst einmal zur Geschichte an sich. Die Story wartet mit ein paar Wendungen auf, welche zwar nicht sofort offensichtlich sind, aber auch nicht vollkommen unvorhersehbar, wenn man schon genug Material aus diesem Genre inhaliert hat.

Die Bezeichnung „Psychothriller“ scheint mir, nach dem hören der gesamten Geschichte, auch mehr zu passen als wirklicher „Grusel“. Dennoch gibt es Grusel-ige Momente in rauen Mengen zu hören. Die Location der abgelegenen Jagdhütte ohne weitere große Anbindung an die Zivilisation ist geradezu prädestiniert als Kulisse für solch eine Story. Das die Protagonisten den Aktionen des Bösen dort hilflos ausgeliefert sind, ohne Hilfe von außen erwarten zu können, ist bereits ein wichtiger Punkt. Eine nicht ganz so weiße Charakterweste, wie sie zuerst erscheinen mag, der zweite Punkt und der Umstand das nicht alles immer so zu sein scheint wie es gerade akustisch vorgespielt wurde, der dritte Eckpfeiler der Inszenierung.

Um die ausgelutschte Phrase der „nicht Neuerfindung des Hörspielrades“ einmal zu dreschen, sei jedoch zu Gute gehalten das es die Umsetzung solch einer Story bereits in wesentlich schlechteren Produktionen gegeben hat. Auch bevor Regisseur/Sprecher/Produzent/Autor/Musiker Dirk Hardegen im letzten Track der CD seine Motivation hinter „Nightlife“ erklärt, hört man der Produktion an, das sie nicht nur als Mittel zum Zweck ausgewählt wurde, sondern das sich hinter allem schon eine gut durchdachte Sache versteckt, welche mit einer Menge Herzblut umgesetzt wurde.

Das dies alles sehr spannend umgesetzt wurde, habe ich ja nun ausreichend erwähnt, und der spannendste Aspekt – also die Qualität der Sprecher – kommt jetzt. Das Horst Kurth bisher in meinen Ohren eher gutes Mittelmaß und Hobbysprecher gewesen ist, ließ mich „schlimmes“ befürchten – jedoch bewahrheitete sich einmal wieder die Aussage „It´s over, when it´s over“ erneut und ließ mich mit offenem Mund vor Erstaunen zurück.

Hatte Horst Kurth bereits unter der Regie von Dane Rahlmeyer, in „Terra Mortis“, bewiesen das er zu mehr Sprecherleistung fähig ist, als die meisten ihm unterstellen, so wird man hier erneut von einem Sprecher förmlich überrannt, welcher seine Rolle lebt, statt sie nur zu spielen. Hier zeigt sich das er unter einer guten Regie in der Lage ist eine Leistung zu zeigen, die sich nicht wirklich hinter Profis verstecken muss und das eine Leistung in Eigenregie nichts über ein wirkliches Talent aussagt – Stichwort „Außenbetrachtung und Reflexion“. Also: Horst Kurth = saugut!

Nächster. Dirk Hardegen, Mr. Dampfantrieb in Person, leistet hier gute Sprecherarbeit zusätzlich zum Rest seiner Produktionstätigkeit. Hatte ich, vor längerer Zeit, bei ihm das subjektive Gefühl er würde die komplette Interpunktion mitlesen, so ist davon nichts mehr zu bemerken. Auch hier = gute Leistung.

Karen Schulz-Vobach gehört ohnehin zu meinen Stimmfavoriten und legt sich auch hier wieder gewohnt emotional gekonnt ins Zeug. Martin Sabel, Sönke Strohkark, Karten Schäfer, Holger August und Sabine Hardegen – die Frau des Meisters – haben ebenfalls kurze Auftritte, welche alle stimmig sind und – wie der Meister im Kommentartrack erwähnt – für die Rolle passend ausgewählt.

So fügt sich hier alles so zusammen, das man sich wundert nicht eine der noch überlebenden, großen verklage hinter der Produktion stehen zu sehen. Es gibt eben auch Fans einer medialen Ausdrucksmöglichkeit, welche nicht in fannischer Ehrerbietung erstarren und gerade deshalb das favorisierte Medium mit eigenen Ideen beleben und am Leben halten. Wer hier nicht hört, ist selber Schuld…Soundsystem-BLAU

 

Thomas Rippert
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