2012 – Das Ende aller Zeiten

2012Eine Mischung von Go und Mensch-ärgere-dich-nicht, so ähnlich ist das Brettspiel, das Jed DeLanda von seiner Mutter geerbt hat. Jed benutzt es dazu, um an der Börse zu spekulieren, und dies mit beträchtlichem Erfolg. Bis eines Tages die reiche, exzentrische Marena Park, TV-Moderatorin und Computerspiel-Designerin, in sein Leben tritt. Sie zeigt ihm Bilder von einem alten Maya-Codex, der mit modernsten technischen Mitteln lesbar gemacht werden konnte. Die Maya waren besessen von Zahlen. Sie spielten das gleiche Spiel wie Jed, aber in einer unvorstellbar größeren Komplexität. Sie hatten ihren eigenen Untergang vorausgesehen. Sie berechneten die großen Katastrophen der Menschheit voraus, bis zu dem Tag, an dem alles endet. Dem 21. Dezember 2012. Die Endzeit wirft ihre Schatten voraus. Eine Seuche sucht Amerika heim. Während die USA in Chaos und Anarchie versinken, macht sich Jed auf eine fantastische Reise. Er muss den Schritt zurück in die Zeit wagen, als die Hochkultur der Maya noch blühte. Er muss selbst das große Spiel spielen, um zu sehen, ob die Menschheit noch eine Chance hat.

Sprecher: Volker Lechtenbrink

Bearbeitete Fassung, 8 CD, Spielzeit: 628 Minuten

TrennstrichDie Minute in der ich Jed DeLanda kennen lernte war für mich sehr verstörend. Er befand sich nicht in seinem eigenen Körper und irgendwie schien alles nicht so gelaufen zu sein wie er sich das vorgestellt hatte. Kurz bevor die ganze Sache zu eskalieren droht und sich entscheidet ob dieses Ende nun auch das Ende von allem ist, erinnert er sich an die Dinge zurück die ihn zu diesem Punkt geführt haben.

Man lernt nun, über eine recht lange Distanz hinweg, einen der interessantesten Menschen kennen die wohl je gelebt haben, oder besser: noch leben werden, da Jed die Geschichte aus seiner Gegenwartsrealitätssicht erzählt, aus dem Jahr 2011 heraus. Man erlebt seine sehr ungewöhnliche Jugend mit und ist dabei wenn er seine Fähigkeiten entwickelt das „Opferspiel“ zu erforschen und später sogar für sich gewinnbringend zu nutzen.

So verwundert es auch nicht wenn Jed auserkoren ist die Menschheit zu retten, da deren Untergang von solch einem „Opferspiel“ vor Jahrhunderten, durch die Mayas, voraus gesagt wurde. Der genaue Termin steht fest, der 21.12.2012, und als sich die Vorzeichen häufen das dieses „Opferspiel“ in seinen anderen Voraussagen ebenfalls recht behalten hat, arbeitet man fieberhaft an einer Möglichkeit das Schicksal der Menschheit zu verändern. Jed muss durch die Zeit gehen um die Apokalypse abzuwenden. Doch muss er dies ohne seinen Körper tun.

Die Idee einer Geschichte in der die Menschheit an der Schwelle zur Ausrottung steht ist nicht neu, doch diese ungewöhnliche Art der Aufarbeitung ist es. Brian D´Amanto lässt keinen Kometen die Erde bedrohen oder die Menschheit sich selbst durch Kernreaktoren, Teilchenbeschleuniger, Kriege oder sonstiges ausrotten – er bedient sich einer Voraussage der alten Mayas um sein Schreckensszenario in sehr plastische Bilder zu packen. Zuerst stellt er klar das Nostradamus ein Scharlatan gewesen ist, da seine Aussagen so schwammig angelegt sind das sich jeder das heraus ziehen kann was ihm gerade in den Kram passt. Die Weissagung der Mayas hingegen gibt bei jeder Katastrophe sogar genaue Koordinaten des Geschehens an und verrät sogar vage was geschehen wird. Doch ist dies alles in Bilder verpackt die nur von kundigen Leuten richtig gedeutet werden können, den Menschen welche das Opferspiel beherrschen, wie zum Beispiel Jed.

Und Jed weist noch andere Besonderheiten auf. Normalerweise sind die Spieler des Opferspiels alle männlich, doch hat Jed das Spiel von seiner Mutter gelernt, welche es etwas anders als gewöhnlich zu spielen pflegte und somit wesentlich klarere Informationen über die Zukunft bekam als jeder andere Spieler. Auch Jed ist diese Gabe gegeben und somit ist er der einzige der sich in der Zeit zurück bewegen kann um das Spiel mit neun Läufern, normalerweise wird es nicht mit mehr als drei Läufern gespielt da sich die Variationen der Deutungen sonst in unermessliche Höhen katapultieren, zu erlernen.

Nach einem sehr packenden Beginn und der ersten Erklärung warum Jed sich in einem anderen Geist befindet und warum die ganze Mission nun zum scheitern verurteilt ist, fällt die Spannung und das Tempo erheblich ab. Über die nächsten zwei CD hinweg wird jetzt die Vorgeschichte, bis zum Punkt von Jeds Wachwerdung im Kopf eines anderen, erklärt. Dabei wird auch die Nutzung des Opferspiels und dessen Bedeutung sehr genau dargestellt, was zu einigen unschönen Längen in der Lesung führt. Doch sobald man dies hinter sich gebracht hat, die Motivationen klar sind und die Menschheit vor der Auslöschung steht, zieht das Tempo erneut wieder an und es macht sich fast unerträgliche Spannung breit.

Brian D´Amato nimmt sich dann die Zeit Jed durch alle Höllen und Ungewissheiten gehen zu lassen die man sich vorstellen kann. Er löst alles sehr langsam auf, ohne jedoch dabei den neu aufgenommenen Spannungsbogen erneut zu vernachlässigen. Die Kultur der Mayas wird sehr anschaulich dargestellt und man hat sich diesmal sogar dazu entschieden dem Papphalter der CDs ein Booklet bei zu legen in dem die wichtigsten Schauplätze kartographisch aufgezeichnet sind um eine bessere Orientierung zu ermöglichen.

Man sollte sich auch nicht wundern wenn Namen wie „Neun-Reißzahn-Kolibri“ oder Tagesbezeichnungen wie „3 Gelbe, 9 Hochherren, 2 dunkler Frosch, 7 Seerassler, 0, 3, 4, 3“ auftauchen, denn die Namen, Angaben und die Umgangssprache der Maya werden 1:1 übersetzt. Das ist Anfangs sehr verwirrend, da die Zeitangaben alle in drei oder mehr verschiedenen Formen genannt werden und man sich erst einmal zurecht finden muss was denn nun die für unseren Kalender gültige Angabe ist. Doch lernt man diese ganzen Dinge schneller als ich gedacht hatte und spätestens nach der Beendigung der Vorgeschichte hat man die Grundbegriffe inhaliert und kann sich im weiteren Verlauf der Ereignisse einiges selbst erklären.

Man fiebert mit Jed und hofft das er seine Mission mit einem befriedigenden Ende wird abschließen können, doch gibt Brian D´Amanto zu keiner Zeit zu viel preis und lässt den Zuhörer fast bis ganz zum Schluss immer wieder im Regen stehen und im Unklaren. Doch ist dies nicht frustrierend oder gar langweilig, ganz im Gegenteil. So hat man die Möglichkeit nicht nur mit zu rätseln wie denn jetzt die Mayas auf Jeds Aktionen reagieren werden, sondern auch immer die Ungewissheit ob Jed in der Lage sein wird das Opferspiel zur Rettung von Allem einzusetzen.

Auch ist der Name „Jed DeLanda“ sicher nicht willkürlich vom Autor ausgesucht. Im Jahr 1549 kam ein gewisser „Diego DeLanda“ nach Yucatan und übernahm dort im Jahre 1552 das Amt eines „Guardian“. Ein „Guardian“ ist ein Vorsteher eines Franziskaner-, Minoriten- oder Kapuzinerkonvents. Diego DeLanda errang zweifelhaften Ruhm durch die Tatsache das er wie kaum jemand anderes gegen den Glauben der Mayas vorging. Am 12. Juli 1561 ließ er alles verbrennen was in Mayaschrift geschrieben war und auch vor Statuen und Glaubenssymbolen machte er in blinder, religiöser Raserei nicht halt.

Volker Lechtenbrink begegnete mir hier zum ersten Mal als Vorleser. Da die Geschichte aus der Ich-Perspektive erzählt wird, ist es auch kein Manko das er „nur“ vorliest und die einzelnen Figuren nicht besonders hervor hebt. Er bringt die spannenden Momente auf den Punkt indem er das Sprachtempo verändert und schafft so eine sehr stimmige Atmosphäre. Da aller Anfang bekanntlicherweise schwer ist und dieses Hörbuch sich als Teil Eins ja bereits zu erkennen gegeben hat, hat er natürlich auch mit der Einführungsgeschichte von Jed zu kämpfen. Doch meistert er auch die langatmigeren Strecken des Beginns mit Bravour und gibt Jed eine gewisse Rotzigkeit in der Aussprache mit auf den Weg, was den Charakter sehr lebensnah wirken lässt.

Das Ende ist so offen wie ein Scheunentor, denn die Geschichte ist auf drei Teile angelegt und so kann man gespannt abwarten wie Jeds Geschichte sich weiter entwickeln wird. Packendes Endzeitszenario dessen Beginn sich ein wenig in gummiartiger Vorgeschichte ergeht, doch dann noch richtig an Tempo gewinnt und neugierig macht…

 

Thomas Rippert
Letzte Artikel von Thomas Rippert (Alle anzeigen)