Anita Blake – Bittersüsse Tode

Anita-Blake

Gegenwart. Anita Blake hat einen eher ungewöhnlichen Job: die Jagd nach gefährlichen Kriminellen und nach Untoten. Allerdings ist Vampirismus in ihrer Welt vor kurzem legalisiert worden und daran muss sich die 25-jährige erst noch gewöhnen. Eine Welt, in der Vampire Bürger mit gesetzlichen Rechten sind. In der Vampire eigene Unternehmen und Familien haben und ein ’normales‘ Leben führen. Anita Blake lebt in dieser Welt. Sie ist jung, gutaussehend und nicht allzu groß. Und sie geht eher ungewöhnlichen Berufen nach: Der Hinrichtung von Vampiren, die von einem ordentlichen Gericht zum Tode verurteilt wurden und der Erweckung von Toten sogenannten Zombies. Ihre Tätigkeit als Kopfgeldjäger brachte ihr den Spitznamen ‚Die Scharfrichterin‘ ein, den sie mit einem gewissen Stolz trägt, denn sie hasst die Blutsauger… Immer wieder eskalierende Konflikte zwischen den verschiedenen Gruppen die nun zusammenleben müssen, zwingen Anita zu nicht immer ganz legalen und meist eher ungewöhnlichen Mitteln, um die Wogen zu glätten und ihren Feinden immer einen Schritt voraus zu sein.

Sprecher: Melitta Varlam

Bearbeitete, inszenierte Lesung, 6 CD, Spielzeit: 450 Minuten

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Alles beginnt wie eine Szene aus „Chinatown“ um sich kurz darauf in eine Girls Night Out a´la „Sex And The City“ zu verwandeln, welche dann kurz darauf recht ansehnlich außer Kontrolle gerät.

Die Welt von Anita Blake ist in ihren Einzelteilen nicht neu. Die Gruselwesen, welche dort ihr Unwesen treiben, gibt es schon so lange in der unterhaltenden Literatur wie die Menschen sich vor der Dunkelheit fürchten. Und so muss man sich schon etwas ausdenken, wenn man nicht sofort mit anderen Autoren in eine staubige Schublade geworfen werden will. Und das wurde hier auch getan. Die Vampire sind der Aufhänger um die ganze Sache überhaupt interessant zu gestalten, denn die Blutsauger erfreuen sich ja bereits seit mehreren Jahren einer stetig steigenden Anzahl von Fans. Und so können die anderen Gruselkreaturen problemlos in deren Fahrwasser mitgezogen und ausgebaut werden, auch wenn ich mir dies im ersten Teil mehr gewünscht hätte als es dann wirklich passiert.

Was Anfangs eher wie eine seltsame Mischung aus nicht zusammen passenden Einzelstückchen anmutet wird bald recht logisch. Vampiren Staatsbürgerrechte zu geben ist sicher eine wilde Idee, doch ist sie in der weiteren Ausschmückung auf lange Sicht interessanter als die Vampire irgendwo im Wald oder einem Minidorf zu verstecken und sie nur mit Einzelschicksalen zu konfrontieren. So sind die Vampire allen Gesetzen der Menschen unterworfen und werden auch im Maß der menschlichen Gesetze bestraft. Aus diesem Umstand hätte die Autorin auch mehr machen können und so erweist sich der Erstling auch in dieser Hinsicht als etwas zu oberflächlich angegangen und Randerscheinungen, wie der Umstand das auch andere Nachtwesen wie Werwölfe und Co. eine staatliche Anerkennung fordern, fast gänzlich ausgeklammert und nur am Rande erwähnt.

Die Skurilitäten solch einer Welt liegen relativ offen auf der Hand und werden von Laurell Hamilton, der Autorin der Serie, auch ausgenutzt. Wenn die US-Cops sich stets mit Magazinen wie „Guns & Ammo“ auf dem laufenden halten, so gibt es auch für Leute wie Anita Blake ein Fachblatt – „Der Animator“, was nur logisch ist wenn man als Animator arbeitet.

Die Story kommt sofort mit recht schnellem Schlagwechsel daher. Die Vampire, die Welt und Anita Blake selbst werden recht zügig an den Zuhörer gebracht, doch sind die ganzen Begleiterscheinungen und Probleme dieser Welt nicht sofort klar. Ein wenig mehr an Erklärungen wäre vorteilhaft gewesen denn die ganzen Fragen, welche man am sich am Anfang so stellt, werden durch die Geschichte mitgeschleppt, nur langsam aufgelöst und auch nur dann wenn die jeweilige Situation dies dringend erfordert. Ich hatte das Gefühl man würde vom Zuhörer voraussetzen das er sich in dieser Welt bereits auskenne und Begriffe wie „Freak-Partys“, „Animatoren“ oder die Regeln zwischen Lebenden und Toten nicht neu sein würden. Sicherlich ist man jetzt für den zweiten Teil schlauer, doch macht es den ersten Gang durch Anitas Leben und Umgebung nicht gerade einfach.

Melitta Varlam weiß was sie da macht. So wie man sich „Anita“ optisch vorstellt, so klingt auch ihre Stimme. Etwas rau, keck, meistens tough und zu jeder Zeit mit einer sehr großen Portion unterschwelligem Sex angefüllt. Das Coverbild, so es denn „Anita“ darstellen soll, trifft die Darstellung, welche Melitta Varlams Stimme erzeugt, zu einhundert Prozent. Nicht jeder Satz sitzt perfekt und in der Spielzeit der sechs CD konnte ich ab und an auch schon mal eine Pause dort entdecken wo sie nicht unbedingt hin gehörte. Doch schafft sie es mit Hilfe von technischen Modulationen, welche jedoch nur minimal ausfallen, den verschiedenen Charakteren so viel Unterschied ein zu hauchen das man nicht unbedingt ein einstimmiges Selbstgespräch unter vier Personen geboten bekommt. Auch unterscheidet sie die Sprachmelodie einer jeden Figur recht gut. „Anita“ spricht in eher abgehackt wirkenden Sätzen, was dem Stressfaktor des Charakters während der Geschichte entspricht, „Jean Claude“ hingegen redet sehr melodisch und bei „Nicolaos“ springt der Spott förmlich aus jedem gesprochenem Wort heraus.

Die Inszenierung ist zwar nett geraten, doch meiner Meinung nach wäre da noch viel mehr drin gewesen. An zu vielen Stellen reißen Geräusche wie auch Musik ganz unerwartet ab und der Rest der Szene ist dann wieder eine ganz normale Lesung. Zum Beispiel beginnt eine Straßenszene mit Straßengeräuschen im Hintergrund, Schritte auf dem Asphalt sind zu hören und ab und an auch Kleiderrauschen – doch ist das nach wenigen Sekunden leider wieder vollkommen weg. Man baut glaubhafte Stimmung auf, welche die Lesung von Melitta Varlam auch gut unterstützt, die aber leider nicht lange genug weiter getragen wird. Da würde ich mir mehr wünschen um sich wirklich von anderen Produktionen dieser Art absetzen zu können.

Für einen Erstling ist diese Produktion recht gut gelungen, doch ist die angekündigte „lebendige Lesung“ nicht wirklich so lebendig wie man sie hätte gestalten können. Auch hakt die Geschichte ab und an ein wenig und es wird zu viel an Vorwissen erwartet, welches der Zuhörer nicht haben kann. Melitta Varlam rettet durch ihre Interpretation ein paar Dinge wieder heraus und so kann man ihre Wahl als „Anitas Stimme“ als sehr guten Griff bezeichnen. Mit mehr Inszenierung und mehr „Leben“ könnte diese Serie sich in die oberen Ränge der Hörbuchcharts katapultieren…

Thomas Rippert
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