68 – Die Legende von Sleepy Hollow

Gruselkabinett-68An den Ufern des Hudson Rivers befindet sich ein von den Einwohnern des beschaulichen Städtchens Tarrytown gemiedenes Tal, welches Sleepy Hollow genannt wird. Dort ist es, zumindest der Meinung der niederländischen Siedler nach, nicht geheuer, denn der Geist eines hessischen Söldners wurde schon einige Male als grauenvoll anzuschauender kopfloser Reiter dort gesichtet. Auch der neue Dorfschullehrer Ichabod Crane hört schon bald nach seiner Ankunft von diesen Spuk-Geschichten…

Trennstrich„Wem Gott will rechte Gunst erweisen…“, so plärrt es schon zum Anfang im Hintergrund. Gesungen wird dies in der so typischen Stimmlage für Jens Wawrzceck, welche Ichabod Crane sofort in der Vorstellung als nervendes und dünn geratenes Männchen präsentiert.

Und diese Präsentation bestimmt nicht nur den Charakter des Hauptdarstellers, sondern auch das Feeling des kompletten Hörspiels: dünne Story und ein nervender Ichabod.

Manchmal, so wie hier, ist es nicht wirklich angeraten sich sklavisch an die Vorgaben der alten Geschichte zu halten, welche für das Gruselkabinett adaptiert wird. Die Grundlage von Washington Irving gibt keinerlei Grusel her und die filmische Bearbeitung von Tim Burton, welche wohl für die meisten die bisher einzige Berührung mit Sleepy Hollow gewesen ist, entfernt sich in vielen Belangen erfreulich weit vom Sittengemälde der Geschichte.

Doch da wo Burton die übernatürlichen Momente der Erzählung und die Möglichkeiten eines recht abgeschiedenen Lebensraumes zwecks Erzeugung von Atmosphäre nutzt, verschwenden die Titanier die komplette Spielzeit des Hörspiels damit sich ausschließlich einer werksgetreuen Umsetzung zu widmen.

Was man hier zu hören bekommt ist die verzweifelte Geschichte eines strauchelnden Intellektuellen der damaligen Zeit, welcher sich verzweifelt bemüht von seiner Umwelt anerkannt, geliebt und durchgefüttert zu werden. Das dies keinen Sympathen ergibt, scheint vorprogrammiert und wenn Jens Wawrczeck sich scheinbar unendlich, in antiquiertester Sprachform, im Selbstgespräch über die zu erwartenden Gaumengenüsse auslässt und dies auch in Unterhaltungen weiter geführt wird, so hat man das Gefühl eher in einer Karikatur der Geschichte angekommen zu sein, denn in einer unheimlichen Erzählung.

„Gruselkabinett“ mag zwar das Cover zieren, doch in Wirklichkeit ist dies die Geschichte eines Kli-Kla-Klawittermännchens das Opfer von Spott, Mitleid und den spielerischen Avancen eines gelangweilten Damsellchens wird.

Und auch wenn der „Headless Horseman“ das Cover ziert, so ist er nicht zu finden. Zwar kann die Inszenierung wieder vollkommen überzeugen, doch wohl eher für Freunde des Hörspiels nach Jane Erye oder sonstwem, der Sittengeälde aus längst vergangenen Tagen Amerikas von sich gibt.

Jens Wawrczeck nervt durch die komplette Spielzeit hinweg und man sehnst sich den Horseman schnellsten herbei um dem schmarotzerhaft wirkenden Besserwisser endlich den Gar aus zu machen oder ihn von der Spielfläche zu verjagen. Zu quäkend und zu anstrengend ist Wawrczecks Spiel um auch nur im geringsten angenehm zu sein. Auch der Rest der Sprecher wirkt in seinen Rollen überzogen und unglaubwürdig, was ich der Regie von Marc Gruppe anlasten möchte und nicht den Sprechern an sich.

Hatte ich nach einigen neueren Episoden des Kabinett die Hoffnung, das man sich nun wirklich auf Grusel und Horror besinnen würde, so wurde diese hier in weite ferne gerückt. Sleepy Hollow ist noch nicht einmal Schauer-Romantik, denn hier dominiert die karikierte Romantik und der Schauer macht sich nur breit wenn Ichabod Crane zum unzähligen Male über Nahrungsmittel sinniert.

Die sonst recht freie Bearbeitung klassischer werke fehlt hier leider, denn sie hätte hilfreiche sein könne. So ist Folge 68 für mich subjektiv eine der schlechtesten Folgen des Gruselkabinett…Soundsystem-BLAU

 

Thomas Rippert
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