01 – Das Lied der Sirenen

Hill&Jordan-01Vier Männer werden tot aufgefunden, alle vor ihrer Ermordung auf das Grausamste gefoltert und verstümmelt. Als der Profiler Tony Hill zum Ermittlungsteam von Carol Jordan hinzugezogen wird, muss er sein ganzes psychologisches Können aufbringen, um nicht selbst das nächste Opfer zu werden.

TrennstrichEin brutaler Mörder geht um. Zuerst geht die Polizei davon aus das es sich um ganz „normale“ Morde handelt, doch immer mehr kristallisiert sich das Bild eines Serientäters heraus. Nachdem der vierte männliche Körper, verstümmelt in grausamster Art und Weise, aufgefunden wird, ist die Polizei gezwungen sich Mitteln zu bedienen welche in ihren eigenen Reihen eher als Hokuspokus verschrieen sind denn das sie wirklich anerkannt werden: den Profilern. So hat Profiler Tony Hill denn auch einen schweren Stand, als er in das Team gebracht wird welches diese Morde im Homosexuellenmilieu untersucht. Einzig der Leiter der Kommission und seine zugeteilte Kollegin, Carol Jordan, glauben an seine Fähigkeiten und unterstützen ihn wo es nur geht. Doch wird er durch Machtgerangel und Selbstsucht seiner Kollegen nicht nur an der Arbeit gehindert, sondern gerät selbst in die Schusslinie.

Val McDermid versucht die Charaktere so gut auszuarbeiten wie es für einen Einzelroman geht, doch ist dies nicht immer gut gelungen. Da wo sie dem Profiler Tony Hill unwahrscheinliche Tiefe verleiht und sein Seelenleben in einer Art Striptease dem Zuhörer offenbart, ist der Charakter von Carol Jordan eher schwach und fahrig angelegt – von den fast durchsichtigen, auf ein Minimum reduzierten, Persönlichkeiten der restlichen Protagonisten ganz zu schweigen. So gerät die ganze Geschichte auch eher zu einer Art Tony-Hill-Show, denn er seht zumeist im Mittelpunkt wenn es darum geht das zwischenmenschlich aus zu leuchten.

Das Spiel mit den Eitelkeiten und Machtverteilungen darf natürlich bei solch einem Thriller nicht fehlen. Da wo Gernegroße versuchen sich zu profilieren, bringen sie durch unbedachte Handlungen andere Leute in Lebensgefahr und vernichten die Arbeit von Tagen nur um Rachegelüste aus zu leben oder sich selbst mir mehr Macht zu versehen als sie geistig in der Lage sind zu verarbeiten. So ist diese Story nicht wirklich nur ein reines Katz-und-Maus-Spiel mit dem Killer, wie man es aus vielen solcher Geschichten kennt, sondern auch ein etwas tieferer Einblick in die Verfahrensweisen und Machtkämpfe innerhalb des fiktiven Polizeiapparates.

Wie gewohnt geht Sven Stricker auch hier wieder sehr experimentierfreudig ans Werk. Jeder der beiden Hauptprotagonisten hat einen eigenen Erzähler der die Szenen der jeweiligen Person kommentiert. Boris Aljinovic, als „Tny Hill“, hat Leslie Malton als Unterstützung, während Florentine Lahme, als „Carol Jordan“, von Heikko Deutschmann begleitet wird. Diese beiden Erzähler sprechen auch des öfteren über große Teile der Szenen einfach hinweg in denen gerade Dinge, wie Recherchen oder Profilanalysen und Ansprachen, dargestellt werden. Was sich jetzt wie ein reines Durcheinander anhören mag, ergibt aber nach ein wenig Eingewöhnungszeit Sinn. Diese akustischen Überlappungen sind so geschickt eingefügt und geschnitten, das man problemlos beiden Sprachebenen, die der Handlung wie auch der des rein erzählten Teils, folgen kann und in der Lage ist Informationen aus beiden Ebenen gleichzeitig aufnehmen.

Schaupielerisch bringen Boris Aljinovic und Florentine Lahme Höchstleistungen. Der Profiler Hill ist von Aljinovic so zerrissen und facettenreich gesprochen, das man sich die Person sehr bildhaft vorstellen kann. Und Florentine Lahme gibt der Polizistin Jordan ebenfalls eine enge Tiefgang mit auf den akustischen Weg. Auch wenn der Charakter nicht so tiefgründig beschrieben wird, so wird er doch sehr lebendig von ihr ausgespielt. Peter Kämpfe würde man am liebsten an die Gurgel gehen, durch sein Darstellung des unangenehmen „Tom Cross“. Andreas Fröhlich spricht wie immer – lebendig und überzeugend – und so ist seine Leistung wie gewohnt. Auch Felix von Manteuffel kann als „John Brandon, Chef der Ermittlungsabteilung“ seinen Part zum Feeling des Hörspiels beitragen und in der Rolle überzeugen.#

Die Inszenierung ist genau so wie man sie von einem Stricker-Hörspiel erwartet. Die Sprecher werden so geführt das sie in ihren Rollen real wirken und nicht etwa aufgesetzt daher kommen. Zu den Stimmen wird noch ein sehr ausführlicher und realistischer Geräuschteppich gemixt welcher noch zusätzlich von der stets einfühlsamen Musik von Jan-Peter Pflug belebt wird.

Bei dieser Geschichte handelt es sich um das erste Aufeinandertreffen von Profiler Tony Hill und Detective Inspector Carol Jordan. Die Serie hat es bisher auf fünf Bücher gebracht von denen diese Story im Jahre 2005 verlegt wurde und das neuste Buch im Jahr 2007 erschien. Auch in dieser Serie wird das Thema Homosexualität von Val McDermid tabulos thematisiert, da sich die Autorin auch sehr im Bereich der Gleichstellung Homosexueller engagiert.

Dunkel und düster ist die Atmosphäre und gerade deshalb packt sie den Zuhörer direkt von der ersten Sekunde an in der er in den strömenden britischen Regen geworfen wird und in dem man ihn sofort mit der aktuellsten, verstümmelten Leiche konfrontiert. Über 129 Minuten hinweg ist man stets gebannt bei den Protagonisten und erlebt die Geschichte intensiv mit durch ihre Inszenierung. Nicht durch Action oder Tempo wird die Geschichte so spannend, es sind die Charaktere und die Intensität des gehörten. So kann man auch mit einer eher ruhigeren Inszenierung den Zuhörer bannen und spannend unterhalten und die Auflösung des ganzen ist mehr als eine Überraschung…Soundsystem-BLAU

 

Thomas Rippert
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