01 – Der Pilwiz

Scripta-Obscuritatis-01Im Jahre des Herrn 1256. Heinrich, Sohn des Grafen Wilhelm von Kessel, wird mit einer mörderischen Schreckensgestalt konfrontiert, die auf den Feldern des Bauern Bruno Menschen tötet. Das Oberhaupt der Abtei zu Gladbach, Abt Theoderich, verweigert jedoch jegliche Hilfe, denn der Neubau des Münsterchors durch den Kölner Dombaumeister Gerhard ist ihm wichtiger. Als dann ein weiterer Mord passiert und Katharina, die Tochter Brunos, entführt wird, nimmt Heinrich den Kampf gegen den tödlichen Dämon auf. Ihm zur Seite steht sein Mentor Bruder Cornelius, ein Benediktinermönch der Münsterabtei. Gemeinsam decken sie ein erschütterndes Geheimnis aus Rache, Habgier und Teufelsbeschwörung auf.

TrennstrichDie Geschichte, welche dem Hörspiel zu Grunde liegt, stammt aus dem Jahr 2007 und ich kann die Bedenken des Autors zerstreuen – sie ist nicht „alt“. Zum Hörspiel:

Die Story an sich beruht auf einer Sage aus dem Mönchengladbacher Raum. Warum auch nicht, denn das Medium Hörspiel hat seinen größten Marktanteil weltweit hier in Deutschland und es gibt auch hier Sagen und Geschichten welche sich zur gruseligen Unterhaltung eignen. Ein paar kleine Modifikationen und eine Geschichte darum herum gesponnen, fertig ist das Garn aus dem man sagenhafte Alpträume spinnt.

Zuerst zur Inszenierung, denn hier liegt die Stärke des Hörspiels, neben der Geschichte an sich. Die Geräusche sind, genau so wie die Musikstücke, sehr stimmig arrangiert und auch recht üppig vorhanden – was man von der Musik leider nicht sagen kann, da wäre mehr „mehr“ gewesen. Die Geräusche des Pilwiz ergeben zwar zuerst keinen rechten Sinn, wenn man sich nicht vorher mit der Kurzerklärung der Sage im Booklet vertraut gemacht hat, doch sobald klar ist das dieser Dämon aus zwei „Teilen“ besteht kann man sich auch einen Reim auf das akustische Auftreten des Monsters machen. Eben so intensiv ist die Umsetzung der Umgebungsgeräusche, welche von den Schritten auf Holzdielen bis hin zum Vogelgesang oder Windgeräusch reichen.

Die Geschichte wird in jeder Szene akustisch perfekt umgesetzt und kann so ihre ganze Tragweite entfalten. Der Aberglaube der damaligen Zeit vermischt sich mit historisch belegten Tatsachen zu einer Melange die man zurecht als unterhaltsam bezeichnen kann. Düster und unheimlich geht es zu, wenn versucht wird hinter das Geheimnis, sowie den Grund, der Morde zu kommen und einen Weg zu finden den Dämon zu bannen. Und in dieser durchweg angenehmen Stimmung bewegen sich Sprecher die man…

…leider zum Großteil als nicht wirklich hörspieltauglich bezeichnen muss.

Bert Stevens, welcher auch Regie führt, ist als „Chronist“ der „ scripta obscuritatis“ zu hören und verbindet die einzelnen Szenen mit mittelalterlich anmutenden Anmerkungen. Die Ausführung ist über jeden Zweifel erhaben, denn er spielt sehr intensiv, doch ist nicht sofort klar ob er nun dort in einem Buch liest, oder ein Buch verfasst während man seine Gedanken zu hören bekommt. Da ich ab dem zweiten Einwurf Stevens Geräusche hören konnte, die wie das blättern in einem Buch klangen, ging ich davon aus das er die „scripta“ dem Zuhörer vorträgt – somit wäre also die Bezeichnung „Chronist“ unpassend. Ein Hoch auf die kleinliche Erbsenzählerei, aber ich musste das einfach anmerken.

Bodo Ventens Einsatz als „Sprecher“ beschränkt sich auf das Ankündigen der Folge, leider. Danach sind Stimmen zu hören denen man anmerkt das sie hörspielunerfahren sind, jedoch aus dem Theaterbereich stammen – zumindest die Meisten davon. Da keiner der Namen bekannt sein dürfte, so möchte ich mir deren Nennung, bis auf wenige, auch ersparen.

Lokalkolorit bestimmt diese Produktion. Die wenigsten Sprecher befleißigen sich des ungebrochenen Hochdeutsch und der Rest lässt gebietsbedingten Akzent vom feinsten erklingen. Da wird ge„isch“t, ge“misch“t und ge“disch“t das es eine wahre Freude ist. Das ist nicht unverständlich und zeigt nur zusätzlich wo alles spielt – in Gladbach und Umgebung eben. Auch wenn einige Sprecher lispeln, nuscheln und die Betonung nicht immer dort sitzt wo sie hingehört, so ragen auch Stimmen aus der Masse heraus. Und diese Stimmen bestimmen auch den Löwenanteil der Geschichte.

Allen voran Anke Foltin, in der Rolle der „Katharina“, welche unmittelbar mit dem Pilwiz konfrontiert wird. Mit jugendlich frischer Stimme und genau sitzenden Betonungen ist sie das akustische Highlight des Hörspiels. Neben ihr sticht Peter Reibel, als „Graf Heinrich von Kessel“ – dem Liebhaber Katharinas, aus der Menge heraus. Heldenhaft tritt er das unvermeidliche Schicksal der Rolle an und überzeugt darin sogar. Und da wäre noch Stephan Lenzen, als „Bruder Cornelius“, zu erwähnen, welcher zwar für die Rolle eines alten Mönchs eine viel zu junge Stimme hat, diese aber einzusetzen weiß. Der Rest bleibe unerwähnt. Obwohl – Carsten Steenbergen ist ebenfalls in einer kleinen Rolle zu hören und der Autor der Geschichte macht eine nicht wirklich so schlechte Akustikfigur wie er vielleicht glauben machten möchte.

Alles in allem ist dieses Hörspiel, mit den lokal bedingten Abstrichen und dem Umstand das man hier keine Voll-Hörspielprofis als Sprecher geboten bekommt, eine nette Abwechslung zu den normalen Gruselgeschichten anderer Anthologieserien. Das es eine Serie werden soll wird spätestens klar wenn Bodo Venten die gerade gehörte Folge abkündigt und die nächste in Aussicht stellt.

Es geht immer „besser“, aber so geht es auch…Soundsystem-BLAU

 

Thomas Rippert
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