02 – Wellenläufer

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Ein magisches Beben erschüttert die Küsten der Karibik. Und in finsteren Piratenhäfen werden Kinder geboren, die über Wasser gehen können. Jahre später glaubt Jolly, dass außer ihr keine anderen Wellenläufer mehr am Leben sind. Bis sie Munk begegnet. Auch er versinkt nicht im Wasser – und kann aus Muscheln einen uralten Zauber beschwören. Ein rätselhafter Fremder, der Geisterhändler, schickt die beiden auf eine fantastische Reise. Gejagt von Klabautern, Ungeheuern und allen Seeräubern der karibischen See stellen sie sich einer tückischen Gefahr: dem Mahlstrom, einem dunklen Strudel, der die Barriere zwischen den Welten niederreißt.

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Wenn Kai Meyer etwas kann, so ist es eine Art von literarischem Buddhismus auszuüben. Er nimmt sich von allem bisher dagewesenen Dingen das Beste heraus und verarbeitet es zu einer neuen Sache, welche er mit Eigenheiten und Selbsterdachtem schmückt. Wie schon beim „Brennenden Schatten“ bedient er sich hier diverser Mythen und Sagen, denen er die Grundfesten entnimmt um sie individuell weiter zu verarbeiten.

Neueinsteigern in Punkto Fantasy und jüngeren Zuhörern sollte dies nicht weiter auffällig sein, wer sich jedoch schon ein wenig in der Welt der Phantastik umgesehen hat, erkennt doch diverse Dinge recht leicht wieder. Doch wie heißt es so schön: Besser gut „hommagiert“ als schlecht selbst erdacht. Und da nur die rudimentären Züge der gegebenen Dinge benutzt werden, möchte ich hier noch nicht einmal von einer Hommage sprechen.

Die Welt von Jolly und den Weggefährten ist nicht so kindlich wie man vielleicht vermuten mag. Ein gewisses Quentchen an Gewalt und Verherrlichung der selbigen ist genau so an der Tagesordnung wie kindlich-magische Wunder und Gestalten. Dem Booklet ist zu entnehmen das diese Geschichte vor der Veröffentlichung des „Fluch der Karibik“ entstand und sich somit auch nicht an selbigem anlehnt, doch ist ein gewisser Grundzug in beiden Produktionen verhaftet. Damit meine ich nicht den Umgang mit dem damals wohl todgesagtem Genre der Piratenabenteuer, sondern den zugefügten Schuss Magie und Unnatürlichem, was die ganze Grundgeschichte noch interessanter und unterhaltender gestaltet.

Und genau so opulent gemalt wie der Fluch über die große Leinwand schipperte, so laufen die Wellenläufer in die Gehörbahnen des geneigten Zuhörers hinein. Es wird sich nicht lange mit Vorgeplänkel aufgehalten, ein Umstand welchen ich der literarischen Arbeit von Herrn Meyer schon des öfteren unterstellen musste, sondern es geht sofort mit voller Fahrt in die Wanten. Wie schon im „Klabauterkrieg“, der Vorgeschichte dieses epochalen Hörabenteuers welche aber nicht zwingend vorher gehört werden muss, sind die Dinge so wie sie sind. Erklärungen der Hintergrundwichtigkeiten gibt es während des Rittes auf den Hörwellen und diese sind auch nicht von Anfang an notwendig.

In Punkto Inszenierung wird hier vieles geboten was sich ohrenscheinlich schon bei der akustischen Ausführung von Kai Meyers „Alchimistin“ bewährt zu haben scheint. Die Stimmen den Hauptakteure ähneln denen der „Alchmistin“ sehr stark und nicht nur Friedhelm Ptok, hier ebenfalls in der Rolle des „Erzähler“, hat erneut einen Auftritt.

Anne Helm (Jolly), David Turba (Munk) und viele andere beleben ihre Rollen so wie man sich das vorstellt, oder zumindest passt jeder dort hinein wo er hin platziert wurde. Um das „Calling Names“ nicht zu vergessen: Mit an Bord sind Jürgen und Tobias Kluckert, Thomas „Dorian Hunter“ Schmuckert, Friedrich G. Beckhaus, Yara Blümel-Meyers (mal etwas kraftvoller als bisher gewohnt, fand ich zumindest), Ingo Albrecht, Udo Schenk, Mr. Voicemorpher Himself Stefan Kaminski und viele andere bekannt Stimmen und Namen.

Auch die musikalische Untermalung lehnt sich entfernt an die der „Alchmistin“ an. Das ist sicher keine STILbruch, denn diese phantastischen Klänge sind recht universell anzuhören und passen sich auch hier ins Bild der Phantastik ein. Ein paar Ausrutschergab es bei der Auswahl der Geräusche: Zum Beispiel sind die „Fußabdrücke“ der Wellenläufer ein wenig seltsam anzuhören und entsprechen nicht wirklich dem was ich mir unter „Füße welche auf eine Wasserfläche mit unbestimmbarer Tiefe treffen“ vorstelle. Doch gehört das in den Bereich der Erbsenzählerei und ist beim Umfang der vorhandenen Geräuschkulisse nur unwesentlich wichtig.

Zwar ist die ganze Sache mit 425 Minuten Spielzeit nicht gerade etwas für die schnelle Unterhaltung zwischen Tür und Angel, doch hat sie alle Qualitäten aufzuweisen, welche eine suchtartige Weiterverfolgung des Ganzen leicht machen. Irgendwo ist immer ein Cliffhanger der nicht warten kann aufgelöst zu werden, der etwa anderes das keine große Hörpause dulden würde. So rutscht man also recht glatt durch die 6 CD hindurch und sollte das Werk am besten in Angriff nehmen wenn man die Zeit für die komplette Spielzeit erübrigen kann.

Kein (für mich) typischer Meyer, da nicht zu viel Vorgeplänkel und unnötige tiefengeschärfte Charakterisierung der Figuren. Lang in der Ausführung aber dennoch kurz und knapp im temporeichen Unterhaltungswert…Soundsystem-BLAU

 

Thomas Rippert
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