1984

1984 Auf der Erde gibt es nur noch drei totalitäre Supermächte. Nach außen führen sie Scheinkriege, nach innen unterdrücken sie ihre Völker. Winston Smith arbeitet im »Wahrheitsministerium« Ozeaniens mit an der systematischen Verfälschung der Geschichte. Bis er beginnt, ein geheimes Tagebuch zu führen, und die lebensfrohe Julia kennenlernt. TrennstrichBig brother is watching you“ Dieser Satz besagt so dermaßen viel für jemanden der sich die Mühe gemacht hat das Buch von George Orwell irgendwann in seinem Leben einmal zu lesen. Die Verfilmung schaffte es ebenfalls die Message von Orwell zu transportieren, doch würde dies auch ein Hörspiel schaffen?

Zuerst einmal muss vorausgeschickt werden das es sich um eine Radioproduktion aus dem Jahr 1977 handelt, welche also wahrscheinlich damals eher als zeitgenössische Kunst gesehen wurde, denn als reine und oberflächliche Unterhaltung. Die Geschichte, welche Orwell im Jahr 1949 zum ersten Mal veröffentlicht sah, hat nichts von ihrer Aktualität verloren. Zwar sind weite Teile noch reine Science-Fiction, aber vieles vom Alltag der Menschen aus seinem Buch erkennt man in der heutigen Gesellschaft bereits deutlich wieder.

Die Düsternis und Verzweiflung des Hauptprotagonisten, der erst während des Geschehens das Geschehen vollkommen realisiert, versteht das Hörspiel in kalten Klangfarben und recht ungewöhnlicher Umsetzung der Dialoge zu vermitteln. Jeder der Sprecher agiert „menschlich“ und die Rollen wurden so gespielt das sie realer wirken, als man das eigentlich möchte. So kommen die handelnden Personen auch unangenehm nahe an den Zuhörer heran und man ist nicht wirklich in der Lage das Geschehen aus sicherer Entfernung zu betrachten. Ernst Jacobi, in der Rolle des Widerständlers „Winston Smith“, behandelt seine Figur mit genau so viel Sorgfalt und Lebenskraft wie sein Kollegen ebenfalls. Da ist nichts überzogen oder gar in satirische verklärt, sondern jeder Protagonist könnte so neben einem stehen und sein Leben vor einem ausbreiten.

Namen wie Helmut Käutner, Dieter Borsche, Klaus Herm und Co. Sind sicher vielen jüngeren Hörern kein Begriff mehr, doch ihre Stimmen sind sofort wieder zu erkennen. Wer bereit ist sich auf eine Geschichte einzulassen die keine Hochglanzutopie ist und die zu nahe an dem dran ist was wirklich sein könnte, der wird mit über 2 Stunden, wenn auch teilweise recht verstörender, gut gemachten Unterhaltung auf etwas gehobenerem Niveau belohnt.

Wem jedoch dialogische Misstöne und zu langsame Handlungsstränge nicht zusagen, der sollte nicht zugreifen – denn dieses Hörspiel hier nimmt sich Zeit etwas zu erzählen und nicht im Galopp Revue passieren zu lassen…

Soundsystem-BLAU

Thomas Rippert
Letzte Artikel von Thomas Rippert (Alle anzeigen)