Loreley

LoreleyAuf einer Klippe hoch über dem Rhein ruft ein kleines Mädchen aus einem vergitterten Brunnenschacht. Noch ahnt Ailis, die beim Burgschmied in die Lehre geht, nichts von dem dunklen Geheimnis der Gefangenen. Doch dann geraten Menschen in den Bann des Teufels in Kindsgestalt, und der magische Lockruf der Loreley droht, das Land ins Verderben zu reißen. Nur Ailis kann die Gefahr noch abwenden. Ihr Weg führt sie in das rätselhafte Reich des Spielmannszaubers.

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Das Kai Meyer kein einfacher 08/15-Autor ist, sollte nun auch bis in die letzte Region der lesenden und hörenden Phantastiker vorgedrungen sein. Das er sich stets für den Aufbau seiner Geschichten sehr viel notwendige Zeit nimmt und somit die meiste Faszination seines schreiberischen Könnens auf das letzte Drittel der Geschichte verlegt, wohl auch.

Dieser Umstand ist für eine Hörspielbearbeitung nicht immer von Vorteil, doch kann man dem neusten Werk des Regisseurs Marco Göllner nicht vorwerfen sich viel Zeit und Muße mit einer zu ausschweifenden Weltenerbauung zu nehmen.

Man wird sofort in die Geschichte hinein katapultiert und bekommt den Beginn allen Übels ungeschönt präsentiert. Die bisher bekannte Geschichte der Loreley wird ein wenig auf den Kopf gestellt und hat nicht mehr viel mit dem gemein, wie sie mir bisher bekannt war. Das ist an sich kein schlechter Punkt, eine Legende neu zu verarbeiten, doch erinnerte mich dies alles sehr an andere – ich nenne es jetzt einmal Grusel, der Einfachheit halber – Genreklassiker der Neuzeit.

So sehr man sich auch Mühe gegeben hat, eine schlüssige Geschichte mit Flair und atmosphärischer Tiefe aufzubauen, so wenig konnte sie mich schlussendlich dann überzeugen.

Regisseur Marco Göllner ist durch den ebenfalls von ihm früher bei Zaubermond Audio produzierten „Dämonenkiller Dorian Hunter“ als sehr experimentierfreudig bekannt, was die Wechselhaftigkeit seiner Inszenierung betrifft. Doch was sich hier gerne als innovativ präsentieren möchte, ist nichts anders als eine akustische Zusammenfassung vieler Dinge, welche man so schon von Marco Göllner geboten bekommen hat – eben durch besagte Experimentierfreude innerhalb des Dämonenkillers.

Ein Hörspiel über den Hörsinn zu machen ist eine nette Idee, doch sind die akustischen Verrenkungen, Überscheidungen, Wiederholungen und Akzentuierungen teilweise doch recht anstrengend zu konsumieren und stören das ein über andere Mal den Fluss des Hörspiels in verschiedenen Ablenkungsgraden. Manches wirkt zu aufgesetzt und erzwungen künstlich, das ich unweigerlich den Gedanken „Mach es doch nicht ganz so dramatisch auf Kunst!“ nicht komplett unterdrücken konnte.

Die Charaktere der Geschichte agieren, wie auch die Geschichte selbst, zumeist sehr vorhersehbar und so wunderte ich mich, wie denn jemand der eine „Aura Institoris“ erfinden kann, hier so wenig menschliche Tiefe zu erzeugen vermag.

An den Sprechern gibt es, bis auf Gertie Honeck, nichts auszusetzen. Auch wenn ich Anna Julia Kapfelsbergers Stimme als sehr unangenehm empfunden habe, wohl aufgrund des ständig erwarteten Wegbrechens der Tonlage, so leistet sie dennoch gute Arbeit und „Ailis“ wirkt schon lebendig und gespielt. Das gleiche gilt für ihre Kollegen Shandra Schadt als „Fee, Kirstin Hesse als „Amrei“, Johannes Steck und den Rest des Cast. Jede Rolle so besetzt, wie man sie sich in den „Beschreibungen“ ungefähr selbst ausdenken könnte. Und niemand könnte auch optisch so gut auf eine Rolle Namens „Der lange Jammrich“ passen, als Andreas Schmidt – welchen ich stets kostümiert vor Augen hatte beim hören und nicht eine fiktiv aussehende Figur. Einzig Gertie Honecks Part als Erzählerin wirkte auch mich schleppend und war stets ein Bremmsklotz in der Geschichte selbst, da sie fast immer das Tempo durch ihre Interpretation heraus nahm.

Weniger ist mehr! Dies musste ich leider immer wieder bei diesem Hörspiel feststellen. Sicherlich geht es um das hören und die magische Macht dahinter, doch ist das zuhören hier gerade durch das Darstellen des Hörens teilweise regelrecht schwer. Zu laute Klangkulissen nehmen der Erzählerin die Kraft weg, sich durch diese hindurch verständlich zu machen und zu viele Stimmeffekte verschlechtern die Verständlichkeit so manch gesagten Satzes.

Der Genremix war auch nicht in der Lage sich mir als solcher schmackhaft zu machen, denn für ein Historienhörspiel ist die Geschichte zu fantastisch und für ein Gruselhörspiel nicht gruselig genug, denn die Sache mit dem Brunnen ist bereits seit „Ringu“, oder auch „The Ring“, nicht mehr wirklich frisch und schockierend. Auch andere Vergleiche lassen sich zwischen den beiden übersinnlichen Übeln – Loreley vs. Sadako/Samara – ziehen.

Trotz des Umstands, das mich dieses Hörspiel definitiv kaum überzeugen konnte, so ist es handwerklich eine gut gelungene Angelegenheit – wenn man die akustischen Extravaganzen mag. Deutsche Fantasyfans kommen

hier voll auf ihre Kosten und auch Freude des leichten Grusels werden sicher gefallen an diesem Hörspiel finden.

Wer es jedoch ein wenig unaufwendiger in der Inszenierung bevorzugt und sich schon ein wenig mehr in der Welt der Brunnen und deren übernatürlichen Bewohner auskennt, der könnte sich hier gegebenenfalls ein wenig schwer tun 100% Spaß an diesem Hörspiel zu haben.

Zu laut, zu unruhig, zu gequält auf Radio getrimmt und auch von der Geschichte her nicht so fesselnd wie man es vielleicht erwarten mag…

Soundsystem-BLAU

Thomas Rippert
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