Nacht der Raben, die

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Winter auf den Shetland-Inseln: Still ruht die Welt unter einer weißen Decke. Das Mädchen im Schnee trägt einen roten Schal um den Hals. Um sie herum sitzen Raben. Als Fran Hunter die Leiche der Sechzehnjährigen findet, ist es um die Dorfidylle geschehen. Ein Schuldiger ist schnell bei der Hand: Die Polizei verhaftet Magnus Tait, einen menschenscheuen Sonderling. Doch dann verschwindet während des Wikingerfestivals Up Helly Aa Frans kleine Tochter Cassie. Vor vielen Jahren ist schon einmal ein Mädchen auf rätselhafte Weise abhanden gekommen und es stellt sich heraus, dass in diesem Dorf niemand die alten Geschichten vergessen hat.

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In der Neujahrsmacht statten die beiden Freundinnen Sally Henry und Catherine Ross dem Einsiedler Magnus Tait einen Besuch ab. Der geistig zurückgebliebene Mann lebt in einem Haus an den Klippen welches er seit dem Tod seiner Mutter alleine bewohnt. Die beiden Teenager sehen in diesem Besuch, welchen sie im alkoholisierten Zustand unternehmen, eine Mutprobe.

Wenige Tage später wird die Leiche von Catherine Ross in der Nähe des Hauses von Tait gefunden, welcher auch kurz vorher mit ihr noch zusammen gesehen wurde. Tait gibt gegenüber dem ermittelnden Beamten zu das er Catherine auch in sein Haus gebeten habe wo sie Fotos vom ihm gemacht hat.

Für die Kollegen von Inspektor Jimmy Perez ist der Fall klar, denn Tait wurde schon vor acht Jahren verdächtigt ein Kind getötet zu haben, dessen Leiche jedoch niemals gefunden wurde. Die Sondereinheit von Roy Taylor, welche vom Festland her hinzugezogen wird, stößt auf eine verschworene Dorfgemeinschaft in der wohl doch nicht jeder den anderen so gut zu kennen scheint wie man sich einredet.

Wer sich schon vorab auf die Stimmung einstellen möchte, welche ihn während des Hörspiels erwartet, der sollte sich in das Coverfoto vertiefen. Grau, bedrückend und trostlos bis hin zum depressiven – so ist der Grundtenor der Geschichte und er wird von der Inszenierung auch perfekt wiedergegeben.

Doch ist dies ein Radiohörspiel welches sich selbst in die Schublade der ganz alten Schule hinein gelegt hat. Die Geräuschkulisse ist zwar vorhanden, doch besteht sie zumeist aus wilden musikalischen Klangcollagen, welche mit Naturgeräuschen gemischt werden. Das zerrt schon an den Nerven und gewisse Einschübe an Geräuschen sind auch nicht sofort nachvollziehbar und machen erst am Ende des Hörspiels einen tieferen Sinn.

Die beklemmende Einsamkeit des Handlungsschauplatzes vermag die Geschichte noch gut und glaubhaft zu transportieren, ihre Protagonisten bleiben dagegen jedoch dünnhäutig, eindimensional und fast durchsichtig. Jede Figur wird nur oberflächlich angekratzt und wenn die Seelenschau einmal etwas intensiver wirken soll, wird sie von der Inszenierung wieder auf ein distanziertes Maß herunter geschnitten. So agieren auch die Sprecher eher wie die beobachtenden Chronisten des jeweiligen Charakters und nicht wie der lebende Mensch selbst, welcher sicher recht einfach zu spielen gewesen wäre.

Winnie Böwe gibt sich als Erzählerin viel Mühe, doch hätte sie die untermalenden Gesangseinlagen besser weg gelassen. Auch ist von Nachteil das ihr Helmut Stange, als „Magnus Tait“, mehrfach in die Parade fährt und die Erzählparts seinerseits kommentiert. Laura Maire und Felix von Manteuffel dürften wohl, zusammen mit Martin Bross als „Roy Taylor“, die bekanntesten Stimmen des Hörspiel sein, doch schaffen auch sie es leider nicht ihren Figuren auch nur im entferntesten so etwas wie Leben einzuhauchen. Ich mag dieses Versäumnis noch nicht einmal bei den Schauspielern an sich suchen, sondern auf die Charakterisierung in der Geschichte und die scheinbare Unterdrückung jedweden lebendigen Spiels durch die Regie schieben.

Die klassisch angehauchte Musik gibt noch den Rest dazu um allem einen erzwungen wirkenden künstlerischen Eindruck aufzusetzen. Nichts macht den Eindruck als habe man hier Unterhaltung schaffen wollen, sondern eher das Gegenteil ist der Fall. Kalte, fast todesähnlich langweilig, angelegte Charaktere mühen sich durch eine lethargische Umwelt welche in kompletter Erstarrung nach dem ersten Kindsmord verharrt zu sein scheint.

Für Fans von Krimis die sich mehr als statische Kunst den als lebendige Unterhaltung verstehen, sollte die hier das Himmelreich sein. Wer sich jedoch eher mit wärmer belebten Gefilden und pulsierenderen Charakteren abgeben möchte, sollte hier nicht wirklich zugreifen.

Zu kalt, in jeder Hinsicht…Soundsystem-BLAU

 

Thomas Rippert
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