26 – Die liebende Tote

Gruselkabinett-26Der junge französische Priester Romuald wird des Nachts an das Lager einer Sterbenden gerufen. Zwar kommt er zu spät, um ihr noch die letzte Ölung zu spenden, jedoch willigt er ein, wenigstens die Totenwache zu halten. Allein in dem prunkvollen Schlafgemach erkennt Romuald in der Toten die Kurtisane Clarimonde wieder, deren Schönheit ihm seit langem nicht mehr aus dem Sinn geht.

TrennstrichDas Zölibat ist sicher die härteste Prüfung die sich ein katholischer Geistlicher auferlegen muss. So auch Romuald, der in den Minuten in der er seine große Liebe entdeckt und vor Verlangen nach ihr vergeht, seinen Zölibatseid ablegt und seine ganze Liebe Gott widmet. Doch geht im Clarimonde nicht aus dem Sinn. Jeden um jeden Tage verzehrt er sich danach sie wieder zu sehen. Sein Vorgesetzter Abeé erkennt sie Seelennöte seines Schützlings und versetzt ihn in eine kleine Pfarrei als Dorfgeistlicher. Doch zu dieser Pfarrei gehört das Haus in dem Clarimonde, welche eine Kurtisane ist, lebt. Nach kurzer Zeit schickt man nach Romuald um ein letzte Ölung vor zu nehmen, da Clarimonde im streben liegt. Er kommt zu spät. Vor Gram küsst er die Tote und gesteht ihr sein unsterbliche Liebe – da geschieht das Unfassbare – die Tote erwacht zu neuem Leben.

Was die Titanier hier wieder klangtechnisch abliefern ist Kopfkino vom feinsten. Jeder noch so kleine und selbst unwichtige Sound ist bis auf das I-Tüpfelchen perfekt abgemischt und in Szene gesetzt. Die Musik ist atmosphärisch dicht und dramatisch genug um die Geschichte unterstützend zu begleiten. Die Sprecher, oder besser deren Stimmen und Spielmöglichkeiten sind für die jeweiligen Rollen perfekt ausgewählt und sicher ist die Grundgeschichte vortrefflich adaptiert worden, doch Grusel suchte ich hier leider vergeblich.

Sicher ist das Übernatürliche mit von der Partie, doch die Geschichte einer unerfüllten und unglücklichen Liebe zwischen einem jungen Geistlichen und einer unsterblichen Kurtisane ist eben nur das was sie ist – eine Liebesgeschichte. Gruselige Momente in denen eine wohliger Schauer des Entsetzens über den Rücken läuft hatte ich keine und ich konnte mich sogar einer gewissen Sympathie gegenüber dem Geschöpf der Nacht nicht erwehren da sie ja nicht brutal und grausam ist, sondern eher aus reinen emotionalen Gründen handelt.

Sabine Arnhold, als Clarimonde, und Julien Haggége, als junger Romuald, geben stimmlich ihr bestes im Spiel und leben die emotionalen Verwirrungen und Verzehrungen der beiden Liebenden hervorragend aus. Kaspar Eichel gibt einen guten älteren Romuald ab, der den Zuhörer als Erzähler durch die Irrungen und Wirrungen dieser viktorianischen Love Story führt und aus der Sicht der „Erzählung des Vergangenen“ die Geschichte kommentiert. Auch der Rest der Sprecher macht sein Sache perfekt, so wie man es bei Titania gewohnt ist.

Doch all diese kann nicht verhindern das sich diese Folge wieder eher in der Riege romantischer, leicht gruselig angehauchter, Liebesgeschichten bewegt, denn das wirklich ein Grusel aufkommt. So schwanke ich diesmal extrem in der Bewertung durch die Sterne – technisch ist es wie immer perfekt und eine wahre Ohrenweide, doch vom Thema her, also „Gruselkabinett“, für mich weit vom eigentliche Ziel entfernt. Deshalb möchte ich diesmal die eher niedrige Sternchenzahl geben, also…Soundsystem-BLAU

 

Thomas Rippert
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