Nicola Neuse, 28.04.2009

Nicola-Neuse

Abenteuerhörspiele gibt es schon so lange wie das Genre selbst. Doch nach einem längeren Dornröschenschlaf scheint ein Label diese Genre wieder erwecken zu wollen und das mit den technischen Mitteln der Gegenwart.

Der Tontechniker und Hörspielmacher Nicola Neuse war so freundlich mit mir ein wenig über sich und seine Arbeit zu plaudern.

Und los geht’s…

Luke Danes: Hallo Nico. Zuerst einmal vielen Dank das Du dir die Zeit nimmst für eine kleine Plauderei. Und direkt die Standartfrage vorweg: Wie bist Du zum Medium Hörbuch/Hörspiel gekommen?

Nicola Neuse: Hallo Luke, danke auch für die Einladung und dein Engagement. Nun zu deiner Frage: Mein Vater ist Photograph und hat mich schon damals mit zu Ausstellungseröffnungen und LivePerformance mitgenommen.

Da gab es dann oft diese interessante Art von Aktionskunst und Liveperformance, mit Gesang, Sprachperformance und so weiter… Also Klang-Kunst… das hat mich schon immer fasziniert, das waren so in etwa die Grundlagen. Die normalen Hörspiele waren damals auch schon dabei, aber nicht übermässig viel.

Und dann, nachdem ich gemerkt habe, dass ich mit einem Medizinstudium nicht glücklich werde, hat es mich dann auch in Richtung Medientechnik gezogen. Ich habe einige Klang- und Videokollagen gemacht und viel gebastelt, so mit altem analogen Equipment.

Und beim Studium habe ich dann meinen Kollegen kennengelernt, den Jan Haas, der mir einige sehr interessante Hörspiele zum Hören gegeben hat und mir den „Kick“ verpasst hat…besonders „Otherland“ von Tad Williams war ein „Auslöser“, einfach genial…

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Luke Danes: Also nicht wirklich der klassische Fall eines Kassettenkindes, aber mal ein interessanter Einstieg ins Medium.

Nun dachte ich ja eigentlich die große Zeit des Abenteuerhörspiels, im klassischen Sinn, sei schon länger vorbei. Doch da habe ich mich getäuscht. Mit „Schwarzes Gold“ habt ihr ja gezeigt das es auch heutzutage noch drin ist mit solchen Geschichten zu unterhalten.

Aber da stellt sich mir doch die Frage: Wieso Abenteuer, ein Pferd das verkaufstechnisch eher unsicher ist, und nicht irgendein anderes Genre das mehr schnellen Erfolg, wie z. B. Grusel, verspricht?

Nicola Neuse: Naja, zuersteinmal mag ich persönlich „Grusengedönse“ nicht wirklich, und die schnelle erfolgreiche Nummer hatten wir da auch nicht vor. Uns ging es bei unserem Engagement in erster Linie darum, etwas mit Herzblut zu machen; etwas was unser Ding ist, wo wir Spass haben und auch noch eine Soundkulisse erschaffen, die vielleicht auch andere Zuhörer mit in eine Geschichte im Kopf entführt… Jan ist ein grosser Jules Verne Kenner und hatte mir damals die Geschichte als Skript umgeschrieben vorgelegt, und das las sich einfach klasse… Ich hatte sofort die Gruben-Athmos im Kopf, und hab sofort gedacht, das wir das machen müssen.

Und ausserdem hat der gute alte Jules Verne einen Vorteil für ein paar kleine Newcomer wie uns: Man braucht keine teuren Rechte erstehen, und ihn kennt jeder ! 🙂

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Luke Danes: Also zählt für dich nicht nur der reine technische Aspekt, was man von deinem Beruf her ja vermuten könnte, sondern auch eher der emotionale Aspekt. Die Kostenkomponente mal ganz außen vor gelassen.

Mit welchen Grundgedanken seid ihr bei der Sprecherauswahl vorgegangen?

Der einzige (mir) bekannte Name ist ja Ernst-August Schepmann. Auch wenn viele der Stimmen aus den lokalen Radiosendern (Düsseldorf, Köln) oder als TV-Stationvoices bekannt sind, so ist doch ein Produkt mit zu vielen „No Names“ immer ein weiteres Wagnis, da sich doch zu viele Hörer von unbekannten Namen vom Kauf abhalten lassen. War das eine Überlegung?

Nicola Neuse: Naja, technisch hab ich natürlich so meinen Anspruch an Sound und Sprecherleistung, ganz klar, aber das alles muss einfach eine Wirkung entfalten im Zusammenspiel und emotional auf den Hörer wirken, ganz klar.

Wir sind da ganz gelassen drangegangen. Im Netz hatten wir ein paar Anzeigen abgefeuert und nach Sprechern für das Projekt gesucht, und haben tierisch viele Zuschriften / Bewerbungen bekommen. Ausserdem hab ich natürlich auch die mir schon bekannten Stimmen aus dem Studio und unserer Sprecherkartei dazugenommen.

Dann haben wir uns die Charakterbeschreibungen angeschaut und alle Stimmen und Hörproben zu den entsprechenden Figuren zugeordnet. So hatte wir eine „highscore“, die ich dann angerufen habe und persönlich nochmal habe etwas sprechen lassen… also ziemlich aufwendig, alles in allem. Aber nur so waren wir auch wirklich mit allen Stimmen einverstanden. Sie sollten einfach für uns zu den Charakteren passen.

Ja, wir haben das bewusst auch einfach mal darauf gesetzt, dass es viele unbekanntere aber verdammt gute Leute gibt….

Super fand ich auch von allen Sprechern, dass Sie auch einfach selbst sehr viel Engagement und Power reingesteckt haben. Nachdem Sie das Drehbuch gelesen hatten war auch teilweise das Geld eine Nebensache und es wurde auch nicht auf die Uhrzeit bei der Aufnahme geachtet… Das ist ja sonst so im Studioalltag eher unüblich. 🙂

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Luke Danes: Da gehen wir vollkommen konform, nicht nur bekannte Namen sind gute Sprecher und da draußen sind mehr Talente als man annehmen mag.

So wie ich das bisher herauslese hattet ihr vor Beginn der Aufnahmen bereits sehr genaue Vorstellungen von den Charakteren und deren akustischem Aktionsradius. Habt ihr eher streng auf die Regie geachtete oder auch mal einem Sprecher die Zügel locker gelassen, wenn seine eigene Interpretation ansprechender war?

Nicola Neuse: Also, was das angeht haben wir keinen „strikten“ Plan verfolgt. Wenn wir gemerkt haben, dass das sich was interessantes entwickelt, dann haben wir es geschehen lassen. Nur wenn es wirklich in eine andere Richtung lief als gewollt haben wir interveniert.

Der Christoph Maasch zb kann einfach umwerfend den guten Bruce Willis, 1A, Jippiyayee Schweinebacke. 😉

Da mussten wir halt mal ein bisschen aufpassen, dass es nicht zu viel Bruce wurde, weil der da so gar nicht reingepasst hätte…

Manchmal haben wir auch einfach gemerkt, dass es noch nicht so ist, wie wir es gerne hätten, konnten es aber auch nicht auf den Punkt bringen was wir da wollten. Dann haben wir das auch so gesagt und einfach mal laufenlassen, und so sind teilweise verblüffen supergute Sachen dann passiert. Die Damen und Herren waren ja schliesslich alle sehr gute Schauspieler, und das durften sie da auch einfach mal ausleben…

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Luke Danes: Also eher eine Gemeinschaftsproduktion, denn strenges Diktat.

Ich kenne die Geschichte an sich nicht, doch vermute ich das sie nicht wirklich so packend geschrieben wurde wie ihr sie im Hörspiel produziert habt. Musste viel Staub weggeblasen und Patina abgekratzt werden um nicht zu antiquiert herüber zu kommen?

Nicola Neuse: Diese Frage würde ich sehr gerne an meinen Kollegen Jan Haas weitergeben, da er die geniale und schwierige Arbeit übernommen hat, genau diese „alte“ Sprache etwas abzustauben und doch nicht zu salopp modern klingen zu lassen… Ich stecke da auch nicht soooo im Originaltext.

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Luke Danes: OK, dann werde ich Jan auch noch zur Ader lassen, was dies betrifft. 🙂

Nun wird so ein Liebeskind ja nicht in einer Woche gezeugt und geboren – wobei es sicher Label gibt die das machen, die Qualität sei dann mal dahin gestellt. Sicher darf man das nicht rechnen, aber wie viele Stunden habt ihr circa in die Verwirklichung des schwarz-goldenen Traums gesteckt um solch eine Qualität, wie sie auf der CD zu hören ist, zum Leben zu erwecken?

Nicola Neuse: Wow, das kann ich leider beim besten Willen nicht mehr schätzen. Dafür fehlt mir da jegliche Grundlage… Wir hatten einfach den Vorteil, dass wir dem Kind die Zeit geben konnten, die es brauchte. War also wirklich vielviel Zeit, und manchmal wird man dann auch mal ungeduldig und denkt sich: Mensch, jetzt reicht es, es muss jetzt.

Manchmal hat man auch den Kopf vor lauter anderer Jobs nicht frei, und dann musst du das auch mal ruhen lassen. Jan und ich können uns noch heute mit wortgetreuen Redewendungen aus den Aufnahmen unterhalten, und die Leute die zuhören denken, die beiden spinnen doch….

Insgesamt, mit der kompletten Vor- und Nacharbeit hat es über ein Jahr gedauert… und manchmal hätten wir gerne schneller gemacht, oder einfach full time den Tag damit verbracht, um es zu beschleunigen. Aber wir sind auch nur ein kleines Team. 😉

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Luke Danes: Ich schwalle ja hier schon recht ausführlich über die wirklich sehr hohe Qualität des Hörspiels welches mir sehr gut gefallen hat, obwohl mich Abenteuerhörspiele eher einschläfern denn packen, im Normalfall.

Plant ihr eine nächste Produktion (ich muss da jetzt keine Einzelheiten hören), und wie denkt ihr das bisherige noch toppen zu können?

Nicola Neuse: Huuh, danke danke für dein Lob. Ja, es ist einiges in der Planung und es wird noch mehr geben. Aber das verraten wir an dieser Stelle noch nicht genauer, das muss noch festgezurrt werden. Wie man das toppen kann weiss ich noch nicht, aber man muss sich schon irgendwie Ziele setzen, und das ist doch ein guter Ansporn… Mal sehen.

Muss auch mal kurz hier was loswerden: Wir haben für die Interessierten, die noch kein „Schwarzes Gold“ besitzen eine kleine Sonderaktion gerade am Start: Bei uns im eigenen hoerbucht-Shop gibt es die Audio-CD versandkostenfrei, und das ganze auch noch billiger als bei Amazon oder im Buchladen! 😉

Also, checkt mal die Seite www.hoerbucht.de und clickt euch in den Shop, und hinterlasst auch mal eine Bewertung, das würde uns sehr freuen und die Mühen entlohnen, denn es waer echt schon klasse zu hören dass dir plötzlich wildfremde Menschen schreiben, wie klasse Sie die CD finden. Aber ihr dürft auch schreiben, wenn ihr sie Mist findet. aber nur wenn ihr schreibt warum.

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Luke Danes: Mehr wollte ich nicht wissen. 🙂 Zumindest was die nächsten Produktionen betrifft…

Und jetzt mal ein bisschen apokalyptisches Feeling. Der Hörspiel- und Hörbuchmarkt ist ja im Moment im Begriff sich zu verkleinern (jaja, auch wenn es nicht jeder so sehen mag). Serien werden gekippt oder erscheinen erst gar nicht. Wollen wir mal nicht den Belezebub an die Wand malen und den kollektiven Exitus herauf beschwören, doch werden die ganzen Kleinlabel sicher ein paar bunte Federn lassen müssen.

Wie siehst Du eure Chancen für die Zukunft?

Nicola Neuse: Och, das sehe ich ziemlich gelassen, da wir ja nicht alles auf ein Pferd gesetzt haben und Millionen mit ein paar „quick-and-dirty“ produzierten Hörspielen verdienen müssen. Also man wird sicherlich noch was von uns hören. Wir wollen schliesslich nicht Pfau spielen, um hinterher Federn zu lassen…

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Luke Danes: Sehr schöne, farbige Formulierung!

Noch eine Frage und dann bist Du (vorerst) erlöst. Wie fühlt man sich wenn die fertige CD aus dem Presswerk kommt?

Nicola Neuse: Oh, das war ein echt klasse Gefühl, das muss ich schon gestehen. Die anderen CDs und DVDs die ich produziert hab waren alle nicht „wirklich“ meine, eben nur Auftragsarbeiten, das ist was anderes… Das ist schon echt klasse gewesen, besonders nach der langen Zeit, wie eben schon gesagt. Das hatte auch etwas von „Erlösung“…. Endlich, nach all den Mühen. Hehe. Ein schönes Gefühl! Wobei das bei mir auch nicht sooo lange angehalten hat, die nächste muss ran und raus!

 

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Luke Danes: Dann können wir gespannt auf die nächste Tat aus der Hörbucht sein!

Nico, vielen Dank für deine Zeit und die ausführlichen Antworten…bei der nächsten Produktion würde ich das hier gerne wiederholen!

Nicola Neuse: Kein Problem, danke auch dir für die Zeit und deine Unterstützung für uns! Gerne halten wir dich und deine Leser auf dem Laufenden, was die Hoerbucht so treibt, und auf www.hoerbucht.de gibt es immer aktuelles…. Also lieben Dank und Gruss an alle Hörspielfans und die Lobby!Soundsystem-BLAU

 

Thomas Rippert
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