Road to Hell

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Buchhalter-Job und brave Ehefrau – Doug Winterferry führt ein artiges Leben in der Provinz. Bis sein eigener Chef ihm eines Tages ein fatales Geständnis macht, das den Biedermann schlagartig auf die schiefe Bahn kegelt. Mit 15tausend Piepen in der Brusttasche, Colt im Hosenbund und reichlich Wut im Bauch.

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Akustische Road Movies gibt es nicht wirklich viele und so kommt die Straße zur Hölle gerade Recht um diese Lücke ein wenig zu schließen. Schon das Cover bereitet den Hörer darauf vor was er geboten bekommt: Pulp, in Tonform. Mit besagtem „Pulp“ ist hier nicht der französische Kriminalserienheld gemeint, sondern eher die Literaturform des Fortsetzungsheftromans, welcher durch die minderwertige Papierqualität auf der er gedruckt war in den USA die Bezeichnung „Pulp“ bekam: eingedeutscht „Groschenroman“.

Auch wenn der Groschenroman hierzulande zumeist mit Trivialliteratur gleichgesetzt wird, so muss sich die Geschichte von Dirk Hardegen dieser Qualifikation nicht wirklich unterwerfen. „Road To Hell“ ist weit davon entfernt hoch tragende Literatur zu sein und lässt auch zu keiner Zeit darüber im Unklaren das sie dies auch gar nicht sein möchte. Die Story an sich ist für denjenigen welcher schon mehr als einmal in diese Gefilde abgetaucht ist nicht wirklich spannend noch wartet sie mit Wendungen auf welche man nicht hätte vorhersehen können. Doch ist sie straighte Unterhaltung auf sehr flüssigem Niveau.

Nicht viel wird hier beschönigt, doch ist auch alles weit davon weg sich in Fäkalsprachergüssen zu verrennen, welche ja gerade bei solche einer Thematik gut denkbar wäre. Die Tough Guys befleißigen sich zwar des Hard Talks, aber keiner wird so ausfallend das es zu dirty zugehen würde. Auch die Altersempfehlung ab 16 Jahren halte ich für minimal zu hoch gegriffen, es geht zwar recht blutig zu doch hält es sich im Rahmen des ertragbaren.

Die Fahrt zur Hölle wird umso angenehmer, da man sie mit dem Hauptakteur gemeinsam erleben kann. Wenn Douglas Winterferry zuerst als agierende Distanzperson dem Hörer begegnet, so gesellt er sich nach dem Knackpunkt in seinem Leben als Erzähler auf der gemeinsamen Reise hinzu. Die Charaktere sind stereotyp, aber dies darf man nicht bemängeln – so ist das eben beim „Pulp“: man bekommt zumeist was man schon kennt. Doch trennt man hier nicht so genau in Schwarz und Weiß auf, sondern lässt dem Grau ein wenig mehr Platz als üblich.

Die Inszenierung ist schnell abgehakt, denn sie ist gut. Jede Szene bekommt die Soundeffekte verpasst die stimmig sind und man beschränkt sich bei der Musikauswahl nicht rein auf befürchteten Honkytonk oder Blues, sondern passt auch hier die Untermalung der Szenerie an.

Und genau so gut ausgewählt wie die Hintergrundkulisse sind auch die Sprecher. Beginnen möchte ich mit Dirk Hardegen der hier als Allrounder das komplette Hörspiel in Personalunion als Autor, Musiker, Produzent, Regisseur und Hauptsprecher bewältigt. Die „Unschuld vom Lande“ kauft man ihm problemlos ab und auch die Wandlung vom Hinterhofdorfköter zum Steppenwolf ist glaubhaft im Timbre verankert. Doch leider hat Dirk Hardegen eine Angewohnheit die ab und an die Brisanz aus seinem Vortrag nimmt – er liest Kommatas mit. Dafür fehlen dann teilweise Punkte am Ende der Sätze und ich hatte zweimal das Gefühl des „da kommt noch was nach!“, was aber nicht befriedigt wurde. Dies mag man mit nun als kleinkarierte Erbsensortiererei auslegen, doch gerade weil der Rest des Hörspiels so gut ist, fiel es mehr ins Gewicht als gedacht.

Bert Stevens ist auch hier in seinem Element. Der ausgebrannte Big Boss liegt ihm so auf den Stimmbändern das die Kraftlosigkeit des Rollencharakters aus jeder Silbe dem Hörer entgegen springt. Tatjana Auster hingegen sprüht hier nur so von Leben, wenn auch nicht gerade moralisch unbedenklichem. Die Rolle der etwas zu lebenslustigen „Nancy Chainy“ belebt sie mit so viel Arroganz und Überheblichkeit das man diese Person einfach hassen muss – Mission perfekt erfüllt.

Und auch der Rest lässt sich nicht lumpen und gibt akustisch alles her um die jeweilige Rolle auszufüllen. Die Bad Boys Hort Kurth, Detlef Tams, Johannes Osmond genau so wie die Good Guys Konrad Halver, Sven Matthias und die Nebenfiguren Roman Ewert, Barbara Gerdes, Sabine Hardegen und Ron Salert. Einzig Marco Sand gefiel mir, wie immer, nicht – resultierend aus einer persönlichen Abneigung zu seinem Timbre, was aber das Hörspiel für mich nicht verschlechterte.

75 Minuten Roadkill der akustischen Art. Mit viel Gefühl für die leichte Stimmung derer es bedarf um solch eine Geschichte nicht zu gezwungen wirken zu lassen, agieren hier keine wandelnden Psychogramme sondern Menschen die nachvollziehbar sind…Soundsystem-BLAU

 

Thomas Rippert
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