Wildernacht

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Vor 1500 Jahren, nach König Artus‘ Ermordung, befahl der Drache dem Zauberer Merlin, zusammen mit allen anderen Wesen die Welt der Menschen zu verlassen und in das Land im Westen zu ziehen. Ab sofort sollte der Mensch allein über die Welt herrschen, denn nur er besaß die Fähigkeit zu lieben und zu verzeihen. Doch im Lauf der Jahrhunderte hat sich der Mensch verändert und ist selbstsüchtig geworden. Unter seiner rücksichtslosen Herrschaft stirbt die Welt, und die Bitte des Drachen, die Welt zu bewahren, geriet in Vergessenheit – ebenso wie das Land im Westen. Bis der junge Schriftsteller Michael Klondeik aufbricht, um die Gefahr zu entdecken, die den Menschen bedroht.

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Fantasy ist gleich Fantasy und wird zumeist in Mainstreamproduktionen ausgebeutet! Alles Quatsch! Sicherlich sind die unbenutzten Ecken der Fantasy sehr dünn gesiedelt, doch kann man sie noch finden, wenn man mag. Wildernacht ist eine von ihnen…

Zuerst wusste ich nicht genau was diese Geschichte mir überhaupt sagen wollte, wenn dies die Intention der Macher gewesen sein sollte. Der komplette Beginn der Geschichte macht den Eindruck eines gigantischen, erhobenen Zeigefingers welcher den Menschen die Botschaft „Wenn ihr Müll verursacht, beseitigt ihn auch wieder bevor er euch beseitigt!“ nahe zu bringen versucht. Soweit verstand ich den Sinn dann doch….

…doch was dann kam entzog sicher meiner Verständnis fast vollständig.

In wilder Raubmanier fügt Autor Joachim Masannek die Mythen und Legenden der britischen Insel, alles was auch nur entfernt in den Dunstkreis der Artussage gepresst werden kann, aneinander und vermischt es zu einer eher wirren Mixtur aus stakatoartig aufblitzenden Bildern, welche nur vom Erzähler lose zusammen gebunden werden.

Wirkliche Hilfen in der Navigation innerhalb der Geschehnisse erwartet man vergebens, denn die Richtung ist nicht klar und alles dreht sich im Kreis um einen imaginären Fixpunkt, den fiktiven Autor Michael Klondike. Dieser beginnt die Geschichte mit so vielen Fakten und feststehenden Vergangenheitsbegrifflichkeiten das es einem beim zuhören schwindelig werden kann. Wer ist Ko-Kahla-Bold, wieso ist sie ein Schlawinermädchen und das was soll das ganze überhaupt? Hilfe suchend greift man zum Booklet, welches ein wenig Linderung in der Verwirrung der Klangfarben anbietet und zumindest die wichtigsten Figuren in kurzen Texten vorstellt. Die Lektüre des Booklets empfiehlt sich also noch VOR dem abspielen der ersten CD um die Verwirrung der beginnenden Spielminuten in Grenzen zu halten.

Um ein Wort über die Handlung von Wildernacht zu verlieren gilt es erst einmal festzustellen ob die Geschichte überhaupt so etwas hat. Ich konnte keine erkennen und fühlte mich immer wieder an experimentelle Studentenkurzfilme der siebziger Jahre erinnert – welche mich mit dem selben Schwindelgefühl zurück gelassen haben wie dieses Hörspiel. Wobei nun die Reflektion zur Bezeichnung „Hörspiel“ anstehen würde, denn auch als solches konnte ich es nicht wirklich betrachten. 10 Sprecher sind vorhanden doch ist der Text der meisten Rollen eher auf wenige Einwürfe beschränkt welche eher vorgelesen wirken als das sie gespielt werden. Den Löwenanteil der ganzen Inszenierung trägt Erik Börner in der Rolle des „Michael Klondike“. Auch hier gilt eher die Bezeichnung: Gut betont und emotional ergreifend gelesen, aber nicht gespielt.

Die Untermalung mit Musik und Geräuschen erinnert auch an eher experimentell angehauchte Produktionen, welche eine Magisterarbeit begleiten könnten. Ein durchgängiger Klangteppich wird dem Zuhörer geboten, doch ab und an beginnt er sich aus dem Hintergrund so dominant über die Texte zu schieben das man sich von ihm ablenken lassen muss, ob man nun will oder nicht.

Auch entzieht sich Wildernacht der Kategorisierung in schlecht oder genial. Als reine Unterhaltungsproduktion ist es zu anstrengend und exzentrisch und als experimentelle Weiterentwicklung des Mediums dürfte es nur wenig ansprechen die auch bereit sind einmal über den akustischen Tellerrand der Satzeichen oder Geisterjäger hinaus zu sehen.

So bleibt nur ein „gut“, denn dieses Hörspiel ist wirklich reine Geschmackssache und er Service einer Hörprobe im Internet ist hier jedem zum nutze zu empfehlen…Soundsystem-BLAU

 

Thomas Rippert
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