Unter der schönen Oberfläche der Geschäftswelt brodelt ein Sumpf aus Angst, Missgunst und Rache. Als Ort des Grauens erscheint die moderne Businesswelt geradezu ideal – den Menschen als austauschbares Rädchen im Getriebe betrachtend, umspannen weltweit operierende Firmen den Globus mit einem Netzwerk, das nahezu unüberschaubar geworden ist. Der Einzelne sieht sich einem Geflecht aus Intrigen gegenüber, das ihn zu erdrücken droht. Aber wenn das Individuum die Chance zur Gegenwehr bekommt, wird die Vergeltung bestialisch sein…
Sprecher: Thomas Franke
Inszenierte Lesung, 1 MP3-CD, Spielzeit: 354 Minuten
In der zweite Folge der Bibliothek Poes kommen Geschichten des Autors Thomas Ligotti zu Gehör. Der amerikanische Autor entwickelte schon sehr früh einen Hang zum morbiden und einem weiteren Lebenslauf welcher ihn für die Laufbahn eines Horrorschriftstellers geradezu prädestiniert. Nach ausschweifenden Drogen- und Alkoholexzessen, welche eine psychischen Zusammenbruch zur Folge hatten, zog er sich immer mehr zurück und beschäftige sich vornehmlich mit der Literatur von Schriftstellern wie Poe und Lovecraft. Als Anfang der achtziger Jahre seine ersten Geschichten erschienen war der Einfluss dieser Altmeister, wie auch Anleihen an Kafka, deutlich zu bemerken.
Die Geschichtensammlung „Das Albtraum-Netzwerk“ aus seiner Feder enthält gedruckt drei Geschichten, von denen jedoch hier nur zwei vertont wurden. Die Titelgeschichte, „Das Albtraum-Netzwerk“, wurde ausgelassen, warum auch immer – denn zeitlich hätten sich sicher keine Probleme ergeben, da es sich bei dieser CD um eine reine MP3-CD handelt.
Nachdem Sprecher Thomas Franke sich erneut anfangs als „Edgar Allan Poe“ zu Wort gemeldet hat geht es mit der Geschichte „Der Lohn des Lebens – Meine Arbeit ist noch nicht erledigt“ los. Der eher unscheinbare Frank Domino erlebt hier ein ganz normales Leben. Seine Arbeit ist nicht wirklich angenehm und er wird in seinem Beruf nur ausgenutzt. Er versucht sich mit seinem Leben abzufinden und nimmt alles als geben hin, auch die Ablehnung einer Idee, welche er in seiner Firma vorstellt. Als man ihm jedoch seien Job kündigt gerät sein Leben komplett aus den Fugen und Frank läuft Amok. Diese Geschichte erinnerte mich sehr an den alten Film mit Michael Douglas, „Falling Down“, in dem ein ähnlicher Charakter ähnliches er- und auslebt. Die zweite Geschichte, „Die Wiederkunft der Toten – Ich habe noch eine speziellen Plan für diese Welt“, befasst sich mit einer Firma in der seltsame Morde geschehen in die ein gelber Nebel verwickelt ist. Die Blaine-Company hat sehr mit den Ausfällen der Toten zu kämpfen und das Ausmaß der Konsequenzen scheint verheerend zu werden.
Nicht umsonst sind die Geschichten dieses Autors in einer Reihe erschienen welche sich der fiktiven Schirmherrschaft von Altmeister Poe bedient. So verworren und umständlich dessen Formulierungen damals auch waren, so sind die von Thomas Ligotti diesem Erbe fast schon in Umfang und Verworrenheit ebenbürtig. Ligotti blickt hinter die Dinge und zeigt auf wie es wirklich aussehen könnte, wenn erst einmal der blickdichte und beschönigende Vorhang beiseite geschoben wurde und sich die nackten Tatsachen seiner fiktiven Realitäten vor dem Auge des Betrachters offenbaren. Düster und erschreckend real zugleich bannen die beiden Geschichten den Hörer in ihren Lauf und lassen ihn interessante Schicksale erleben.
Thomas Franke darf sich erneut in die dunklen Welten stürzen und nicht nur als Poe-Darsteller sein Können unter Beweis stellen. Mit rauer Stimmlage und recht distanzierter Sichtweise des Geschehens führt er den Zuhörer fast ohne jede Langeweile durch fast sechs Stunden Unterhaltung welche von morbide bis erschreckend variiert.
Wer bereit ist sich auf nicht gerade mainstream verarbeiteten Texte einzulassen und in der Lage ist teilweise umständlichen Formulierungen unterhaltendes abzugewinnen, der wird hier zur vollsten Zufriedenheit bedient…
Ich lebe seit 2007 in Hannover - einer Stadt, welche viele Möglichkeiten zum Ausleben des Hobby anbietet.
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