01 – Die Bibliothek der Leiden, Alles aus Liebe, Völlig vertiert

Punktown-01

Ein Profiler mit einem implantierten, photographischen Gedächtnis wird von der Last der unaufhörlichen Bilderflut erdrückt; ein junges Künstlerpaar muss feststellen, was es heißt, eine lebendige Installation an einen rüden Geschäftsmann zu verkaufen und ein Einsatzkommando hat einen außerirdischen Tierhändler zu stellen, ohne auch nur im Geringsten zu wissen, wie dieser aussieht.

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Bizarr, abartig, brutal, unschön, verstörend und sogar bedrückend…

…das sind die Begriffe welche mir einfallen wenn ich die Geschichten aus Paxton, oder auch besser „Punktown“, höre.

In einer recht Blade Runner-like angehauchten Szeneire ereignen sich die wildesten Storys und nichts davon besitzt auch nur den Anflug von Schönheit. Wer hier Happy Endings erhofft, der irrt. Hier werden die Bewohner der Stadt mit allem negativen konfrontiert zu dem solch eine Gesellschaft fähig ist. Und Paxtons Gesellschaft ist bunt gemixt. Ein bunter Reigen aus Menschen, Kunstwesen und Außerirdischen bevölkern die Kolonie im Weltraum und geben dem Autor so fast unendliche Spielmöglichkeiten, was seelisches Leben und anatomische Absonderlichkeiten angeht.

In den ersten drei Geschichten, welche aus der Storysammlung „Punktown“ als inszenierte Lesungen ausgekoppelt wurden, lernt man sofort ungeschönt das Leben in Paxton kennen. Die erste Story, „Die Bibliothek der Leiden“, stellt den Profiler Mac Diaz vor. Dieser verfügt über ein photographisches Gedächtnis, was seine Arbeit eigentlich erleichtern sollte. Doch wird im diese Erinnerungshilfe immer mehr zur seelischen Qual und er will sich dieser entledigen.

Geschichte Zwei, „Alles aus Liebe“, zeigte wie schnell sich auf Payton eine Liebesbeziehung vernichten lässt wenn man der unteren Schicht angehört und sich auf wagemutige Geschäfte mit Körper und Seele einlässt, indem man sich selbst als Kunstobjekt zu vermarkten sucht. Und die letzte Story, „Völlig Vertiert“, beschreibt das nicht alles so aussieht wie man es sich auf Paxton vorstellt. Denn die Polizisten, welche eine Tierhändler in Gewahrsam nehmen sollen, wissen nicht wie er aussieht und bringen sich durch ihr Unwissen in eine nicht zu unterschätzende Gefahr.

Alle diese Geschichten sind sehr atmosphärisch inszeniert worden, doch reichen sie nicht an ein Hörspiel heran und man muss hier wirklich eher von einer „inszenierten Lesung mit mehreren Sprechern“ reden. Bern Hölscher, Jürgen Holdorf, Simona Pahl, Gerrit Schmidt-Foß, Jan Spitzer, Michael Prelle und Günter Merlau bekleben viele der Charaktere und lassen so die Lesungen lebendig wirken.

Ein dichter Teppich an Geräuschen und Musikstücken bringt zusätzlich Leben in die Geschichten hinein. Doch sind die Untermalungen so unaufdringlich gehalten, da die Sprecher und die Storys zu jeder zeit im Vordergrund stehen und nicht vom Beiwerk erdrückt werden. So steht der Zuhörer stets mit im Mittelpunkt der Geschichten, da er genug Raum und Möglichkeit hat den Hauptprotagonisten durch die Geschichte zu begleiten und alles aus dessen Sicht, oder zumindest aus einer Sichtweise kurz neben ihm, zu betrachten.

Ein sehr bedrückender, aber dennoch faszinierender, Ausflug in eine dunkle und unangenehme Welt…Soundsystem-BLAU

 

Thomas Rippert
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