01 – Verblendung

Verblendung von Stieg LarssonAn seinem 82. Geburtstag erhält der einflussreiche Industrielle Henrik Vanger per Post anonym ein Geschenk. Das Paket enthält eine gepresste Blüte hinter Glas, genau wie in den 43 Jahren zuvor. Vangers Lieblingsnichte Harriet hatte ihm 1958 zum ersten Mal dieses Geschenk gemacht, doch dann verschwand sie spurlos. Ihr Leichnam wurde nie gefunden.

TrennstrichEines der wohl ungewöhnlichsten Ermittlerduos der Thriller-Buchgeschichte hat der verstorbene Stieg Larson mit seinem Team aus Mikael Blomkvist und Lisbeth Salander geschaffen. Der Eine ein Journalist, welcher von einer gebeugten Gerechtigkeit aus alle heraus katapultiert wurde was sein bisheriges Leben bedeutete. Die Andere eine gestrauchelte Existenz deren Möglichkeiten der Recherche schier unerschöpflich scheinen. Beide haben die Hölle hinter sich als sie aufeinander treffen und sich mit einer Sache beschäftigen müssen, welche aus vielen Facetten der Kriminalität besteht.

So facettenreich wie die Protagonisten ist auch die Geschichte an sich. Wirtschaftskrimi paar sich mit Mörderspiel und eine Menge Politik zu etwas recht Eigenartigem, was aber gerade durch diese lebendige Mixtur zu faszinieren versteht.

Und solch einer Geschichte ein akustisches Gesicht zu verleihen ist sicher keine leichte Aufgabe, welche jedoch von Hörspielaltmeister Walter Adler in Perfektion gemeistert wurde. Auch in der umfangreichen Kastration der Story, welche für ein Hörspiel unerlässlich ist, gelingt es die komplette Palette an Charakteren so darzustellen das man sich genug Zeit nehmen kann die Hauptakteure zu inhalieren und die Nebencharaktere in die Sparten (Drecksack, Feigling, Mitläufer usw.) einzuteilen die man für eine bunte Kopfkinoinszenierung benötigt.

Die Inszenierung gibt der Sprechern die Möglichkeit sich Gehör zu verschaffen, denn der Rest der Beschallung ist auf ein sehr spartanisches Maß zurückgefahren. Minimalistische Geräuschkulissen vertiefen die Aktionen der Sprecher noch mehr und legen so den Hauptmerk auf die Figuren und nicht nur auf das darum herum.

Das Battalion der Stimmen kann eine legionsartige Anzahl an bekannten Namen aufweisen. Dies bürgt jedoch nicht alleine für Qualität, doch hier ist sie gegeben. Ulrich Matthes als Erzähler versteht es die Geschichte so unbeteiligt zu kommentieren und zu begleiten das ich mich in diversen Szenen doch recht allein gelassen fühlte, denn er hilft dem Zuhörer nicht sondern stellt nur Dinge klar und gibt Informationen. Sylvester Groth, als Mikael Blomkvist, ist ebenfalls überzeugend genug um die stoische Ohnmacht seines Charakters gut zu transportieren. Anna Thalbach schien sich erst in die Rolle der Outsiderin Lisbeth Saklander hereinsprechen zu müssen. Der Anfang ihrer Performance klingt noch sehr hölzern und lesungsartig, doch legt sich dies schnell und auch Lisbeth beginnt zu atmen. Neben den bisher genannten wären noch Friedhelm Ptok, Wolfgang Condrus, Otto Melies, Rita Engelmann und eigentlich noch viele mehr zu erwähnen, denn hier wird Ohrenkino auf hohem Künstlerniveau geboten.

Ein Hörspiel für den Thrillerfan der es gerne mehr als realistisch mag. Ein Hörspiel für diejenigen, welche sich nicht davor scheuen sich die Dunkelheiten unserer Welt anzuhören. Ein Hörspiel für alle welche die Kälte der skandinavischen Länder auch akustisch gerne über sich ergehen lassen. Von Psychofolter bis hin zur vielleicht zu lebendig inszenierten Vergewaltigung – die Buchvorlage wird bis in die kleinsten Nuancen hin ausgereizt und die Kürzungen sind so geschickt angebracht das sie nicht auch nur den hauch von Umstimmigkeit aufkommen lassen.

Unbequem und nichts für die leichteren Momente im Leben…Soundsystem-BLAU

 

Thomas Rippert
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