Interview mit Paul Burghardt & Tom Steinbrecher zu „Twilight Mysteries“

 

Thomas Rippert: Hi Paul und Tom, zuerst einmal vielen Dank dafür, dass Ihr euch die Zeit nehmt, mir ein paar Fragen zu den Twilight Mysteries zu beantworten.

Als erstes: Wie seid ihr dazu gekommen die Serie zu produzieren und sie mit einem Neustart zu versehen?

 

Tom Steinbrecher: Danke, für die Anfrage. Ich mochte die drei TWILIGHT MYSTERIES Hörspiele von Erik Albrodt sehr gerne, sie hoben sich etwas von der Grusel/Horror Hörspielmasse ab, hatten viel Augenzinkern und waren auch nicht so bierernst wie andere Serien, das gefiel mir. Auch die einzelnen Charaktere waren mir sehr sympathisch. Jahre später wurde ich von den Leuten von Highscore Music/Maritim gefragt, welche Serie man denn einen Neustart verpassen könnte und da fiel mir sofort TM ein. Erik Albrodt hatte nur drei Folgen gemacht und dann keine richtige Lust mehr auf diese Serie gehabt. Ich wollte sie unbedingt weiter bzw. neu machen. Tatsächlich bekam ich widererwartend ca. einen Monat später das GO und erst da realisierte ich, dass ich das alleine gar nicht schaffe und auch gar nicht schaffen möchte (grins) und dann hab ich Paul mit in Boot geholt, der gerade nach Hamburg gezogen war. Wir machten eine große Hörsession, machten uns Notizen und uns war klar, dass wir TM neu anfangen müssen. Jeder Autor hat seinen eigenen Stil, seinen Humor, seinen Charme und eine Erik-Albrodt-Kopie wollten wir nicht machen, bzw. wir hätten es auch nicht gekonnt. So haben wir das grundlegende Konzept genommen und mit Absprache mit Erik Albrodt unser eigenes Baby draus gemacht.

 

Paul Burkhardt: Nach dieser gemeinsamen Hörsession war uns noch etwas klar: Wir wollten einen roten Faden haben. Während die alten Versionen für sich stehende Soloabenteuer des Trios waren, war in uns der Wunsch nach einem größeren Zusammenhang geweckt worden. Also machten wir erstmal drei Schritte rückwärts und begannen dort, wo wir die richtige Stelle für ein Reboot vermuteten: Beim Kennenlernen der drei Hauptfiguren Dr. Zephyre, Dave und Nina. Die Gelegenheit war günstig, also nutzten wir sie und veränderten auch die Hintergründe der Charaktere ein wenig. Dr. Zephyre bekam einen Background, Nina wurde zur Hackerin und was wir mit Dave planen, wird so langsam auch ersichtlich. Die logische Schlussfolgerung aus all diesen Faktoren war einfach: Anstatt ein Prequel zu produzieren oder mit Folge 4 weiterzumachen, starteten wir direkt von vorne. Alles auf Anfang. Action!

 

Tom Steinbrecher: So kam es dann auch dazu, dass wir die Charaktere etwas veränderten oder sagen wir mal vielschichtiger gemacht haben. Gerade das Hacker/Nerdtum hat sich in den letzten Jahren, auch dank BING BANG THEORY sehr verändert und da wollten wir mehr in den Zeitgeist.

 

 

Thomas Rippert: Der rote Faden ist ersichtlich und zieht sich wirklich klar bemerkbar durch alle Folgen. Besonders aber mag ich Sachen wie der Umstand das Folge Y genau da beginnt wo Folge X aufgehört hat, nur auf der anderen Seite der Szene – also dem Gegenpart, den man in Folge X noch nicht hören konnte.

Nun verarbeitet ihr ja viele Dinge aus der deutschen Hörspielszene – ich sage nur „Das Bauteil namens TGGK9a“ – und viele Nerdnods wie die Erwähnung von „Doctor Who“ oder ähnlichen Dingen.

Ist es euch wichtig das die neuzeitliche Popkultur mit einbezogen wird, es also klar ist das TM auf dieser Erde spielt und nicht auf Erde 1234? Und wie werden diese kleinen Hints and Nods vom Publikum aufgenommen?

 

Paul Burghardt: „Ja wo ist denn die Abspannmusik?!“ Nach der ersten Folge waren einige Hörer irritiert. Verständlich, wird der Sinn und Zweck dieses Weglassens doch erst mit der Kenntnis der nächsten Folge klar – daran muss man sich erstmal gewöhnen, das stimmt schon. Mittlerweile haben die Hörer unsere Hörspielenden als Stilmittel erkannt, und einigen, so wie Dir, Thomas, gefallen sie richtig gut. Unser Gedanke war direkt auf das Hören mehrerer Folgen nacheinander gerichtet. Der Hörer bekommt so einen direkten Übergang und ein einheitlicheres Hörerlebnis. Fies wird es nur, wenn man keine neue Folge mehr hat und auf die nächste VÖ warten muss. Aber wir sind ja fleißig am Produzieren.
Twilight Mysteries spielt auf unserer Erde und wir nutzen alles, was vorhanden ist und schlichtweg uns selbst zusagt. Und es spielt in der aktuellen Gegenwart, also derzeit im Jahr 2017. Da ist es nur natürlich, wenn Nina den Abiliator mit der TARDIS vergleicht und einem alten Kassettenkind mag es auch vergönnt sein, die Buchstabenfolge eines gewissen Bauteils vielleicht nicht ganz zufällig anzuordnen. Zentral sind solche Anspielungen allerdings nie, was uns wirklich wichtig ist. Sollte eine Szene irgendwann nur noch zu verstehen sein, wenn der Hörer mehrere TV-Serien und Buchreihen verschlungen hat, dann sind wir weit über unser Ziel hinausgeschossen. Ich denke aber, dass wir uns da noch sehr im Rahmen halten. Die Storys funktionieren auch ohne die Kenntnis von Doctor Who & Co, aber ein zusätzliches Lächeln für den Kenner darf man schon mal einbauen. Bislang waren die Reaktionen auf die Anspielungen immer positiv. Oder, Tom?

 

Tom Steinbrecher: Ja, es macht ja auch das Hörspiel realistischer oder ich sag mal ‚irdischer‘. Oftmals hat man in Hörspielen und auch in einigen Filmen oder Serien das Gefühl die Protagonisten haben nie ein Buch oder einen Horrorstreifen gesehen. Mittlerweile weiß doch jeder was man mit einer geweihten Silberkugel anstellen kann und es ist klar, wenn es z.B. um Zeitreisen geht, man zwangsläufig an Marty McFly denken MUSS, wer würde das nicht? Bei der Serie STRANGER THINGS wird auch Bezug genommen auf die damalige Popkultur, das ist realistischer und auch unterhaltsamer. Apropos lustig: Du hast den TGGK9a erwähnt. Ganz klar ein Bezug auf TKKG, solche Sachen machen Spaß und genau darum geht es ja, wir wollen beim Produzieren dieser Hörspiele Spaß haben, dann hat am Ende auch der Hörer Spaß, nicht mehr nicht weniger. Übrigens, als Anekdote nebenher: Wir waren es nicht, die aus TKKG TGGK gemacht haben, das war der Autor Stefan Wolf selbst. In dem Buch ‚Ufos in Bad Finkenstein‘ hat er selbst diesen Schreibfehler gemacht und sogar in den höheren Auflagen des Buches wurde es nicht korrigiert, das hat mich nie losgelassen, wie so etwas passieren konnte. Obwohl ich jetzt auch nicht garantieren könnte, ob ich nicht irgendwo auch mal MEILAND TWISTERIES geschrieben habe. (lacht)

 

 

Thomas Rippert: Wie geht ihr an die Folgen, beziehungsweise deren Produktion heran? Wird das Script im Brainstorm gemeinschaftlich bei Kaffee und Möhren verfasst oder gibt einer den Plot vor, welcher vom anderen dann in Rede, Sound und Regieanweisung niedergeschrieben wird?

 

Paul Burghardt: Bei TM arbeiten wir wirklich Hand in Hand, von der Idee bis zum fertigen Master. Tom und ich treffen uns ganztags und lassen die Gedanken fliegen, machen unsere vegetarische Stein/Hardt-Pizza (selbstgemachter Teig, Tomate, Champignons, milde Peperoni, Feta, Käse) und diskutieren unsere gegenseitigen Einfälle. So etwas endet meistens mit einigen Plakaten an meiner Wand, wo wir Mindmaps und ganze Plots festhalten. Gerade für die erste Produktionsstaffel (Folgen 1 bis 4) gibt es ein Plakat, in dem wir die exakten Szenen von CHARYBDIS bis THORNHILL skizziert, teilweise die Übergänge bereits festgelegt und einzelne Dialogbauteile niedergeschrieben haben. Erst wenn die Hörspiele exakt geplant und sowohl Tom als auch ich mit der Geschichte zufrieden sind, beginne ich mit dem Dialogbuch. Das schreibe ich zwar vor, gebe es dann aber an Tom ab, der Veränderungen vornimmt. Dann bekomme ich es zurück, ändere wieder etwas und so weiter und so fort. Sicher, es ist nicht die schnellste Methode, aber es ist das Ergebnis, das zählt. Und das besteht aus einer gesunden Mischung von uns beiden.

 

Tom Steinbrecher: In einigen Dingen ticken Paul und ich doch recht unterschiedlich, ich bin z.B. bin ein verbohrter Klassiker-Hörspiel Hörer, Paul hört erst seit 8 oder 9 Jahren. Das ergänzt sich allerdings erstaunlich gut. Irgendwo in der Mitte treffen wir uns immer und wenn nicht, dann überlegen wir so lange bis wir uns in der Mitte treffen. Paul ergänzt immer dort, wo meine Gehirnwindungen einfach enden. Bei KRÉGULA z.B. die Hintergründe basierend auf der germanischen Geschichte oder bei LAYNEWOOD den Bezug auf die Alchemie.

 

 

Thomas Rippert: Das bei euch Klassiker und Neuzeit kollidieren, hört man auch in der Serie sehr deutlich. Somit sprecht ihr z.B. mich – als Neo-Hörspieler – genau so an, wie die „Ich höre nichts was nach 2000 produziert wurde!“-Hörspieler.

Wie prozentual ist das Klientel von TM genau, wenn man mal das Feedback – welches ihr ja hoffentlich bekommt – nimmt und seziert?

 

Paul Burkhardt: Das Feedback, das wir zu TM bekommen, ist größtenteils ausgesprochen positiv, was uns natürlich sehr freut. Ich würde sagen, dass jede Sorte Hörer auf ihre Kosten kommt. Die metallastige Musik bringt ein neues Flair mit sich, damit auch neue Hörer, die sich vielleicht gerade über die nicht ganz so klassische Untermalung freuen. Die alten Kassettenkinder finden in den Kabbeleien zwischen Zephyre, Dave und Nina etwas Herzerwärmendes und die modernen Hörer bekommen eine aufgeladene Soundkulisse geboten. Aber nicht jeder, der unsere Hörspiele hört, meldet sich auch bei uns. Die Dunkelziffer der Käufer ist deutlich höher als die der Feedbackgeber, daher könnten wir eine prozentuale Aufteilung des Klientels höchstens erraten.

 

Tom Steinbrecher: … und erraten bringt Fehlinformationen mit sich. Einer der Gründe, warum ich das Konzept von TM weiterführen wollte, war, dass ich die Chance sah alle Genres miteinander zu vereinen. Action, Horror, Grusel, Humor, oder wie ich gerne sage Komödie, Mystery, tiefgehende Szenen, manchmal aber auch improvisierten Slapstick. Wir bringen das alles irgendwie zusammen, pro Folge mal mehr, mal weniger. Da kann es dann schon mal sein, dass ein Hardcore Horror Fan die Serie zu seicht findet oder …

 

Paul Burhardt: … oder die Metal Musik zu hart.

 

Tom Steinbrecher: Ja, oder das. (lacht) Das ist das Konzept der Serie, es allen Recht zu machen ist ja eh unmöglich. Wir mögen diesen Mischmasch. Aber um auf die Frage zurückzukommen, wir können nur erahnen, dass recht unterschiedliche Hörer zusammenkommen. Wenn wir Feedback bekommen, dann auch gerne so etwas wie „Normalerweise mag ich keine Gruselhörspiele, aber TM macht Spaß“, das finden wir natürlich dufte! (grinst).

 

 

Thomas Rippert: Mir gefällt die Mischung – und das sage ich aus rein subjektiven Beweggründen der Produktion gegenüber, wie man ja scheinbar nie groß genug klarstellen kann.

Jetzt mal eine dumme, schwer zu beantwortende, Frage, aber sie drängt nach draußen… irgendwie…

Wo seht ihr TM und SteinHardt in 5 Jahren?

 

Paul Burghardt: Also wenn es nach uns geht, würde es mit TM ewig weitergehen. Ideen sind ohne Ende vorhanden. Die Zusammenarbeit mit Tom macht so viel Spaß, dass ich am liebsten auch in 50 Jahren genau das machen würde, was wir heute schon zusammen machen: Einfach steinharte Hörspiele!

 

Tom Steinbrecher: Tja, wat soll ich’n da noch zu sagn? (lacht) Es fällt mir schwer, die Frage zu beantworten, da ja Antworten wie „natürlich die Weltherrschaft“ nie ernst genommen werden und auch immer recht unsympathisch rüber kommen, muss ich wohl lügen und antworten: Schauen wir mal, was da noch so kommt und wie sich alles entwickelt.

 

 

Thomas Rippert: Dann hoffe ich mal, subjektiv, das dem Hörspiel Deutsch die Twilight Mysteries und SteinHardt noch lange erhalten bleiben werden, denn mich unterhalten sie.

Bleibt mir jetzt noch, Euch für die Zukunft alles Gute zu wünschen, mich nochmal für die ausführlichen Antworten zu bedanken.

 

Paul Burghardt: Danke für das nette Gespräch, Thomas. Es hat großen Spaß gemacht! 🙂

 

Tom Steinbrecher: Schade dass es schon vorbei ist, meine graue Zelle wurde gerade warm! Danke für das Interesse und ich wünsche allen viel Spaß beim hören von Twilight Mysteries. Denn genau darum geht es: Spaß dabei haben! Nicht vergessen. Auch du nicht Thomas!

Thomas Rippert
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